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Abkommen mit dem Iran Adieu Obama, adieu Atomvertrag?

Eine seiner ersten Prioritäten werde sein, das Abkommen mit dem Iran zu beenden, sagte Donald Trump vor seiner Wahl immer wieder. Seitdem hat er den Vertrag mit keinem Wort mehr erwähnt. Niemand weiss, was das bedeutet. Ratlos ist auch Ali Vaez. SRF hat den Iran-Experten in Zürich getroffen.

Ali Vaez

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Legende: Twitter/@AliVaez

Ali Vaez arbeitet für die Internationale Crisis Group. Das ist eine Nichtregierungsorganisation, die Analysen und Lösungen zu internationalen Konflikten erarbeitet. Sie wird unter anderem von westlichen Regierungen finanziert.

Auch Ali Vaez setzt – wie so viele in diesen Tagen – über seine Ausführungen den Titel: Es ist fast unmöglich, einzuschätzen, was mit dem Iran-Abkommen unter dem künftigen Präsidenten Donald Trump geschieht. Aber eine Richtung lasse sich zum jetzigen Zeitpunkt erkennen, wenn man den Männern in Trumps nächster Umgebung zuhöre; jenen, die für einen Posten in der Regierung oder im Beraterstab vorgesehen seien, erklärt Vaez. Sie alle opponierten während den Verhandlungen heftig, oder sie stimmten dann im Kongress gegen den Vertrag.

US-Hardliner treffen auf iranische Hardliner

Vaez nennt, stellvertretend, zwei Namen: John Bolton, der ehemalige UNO-Botschafter, der immer wieder von Regime-Change in Teheran redet, und Newt Gingrich, der ehemalige Sprecher des Repräsentantenhauses. Beide, so Vaez, pflegten engen Kontakt zu einem Teil der iranischen Opposition, den Volksmudschaheddin, die noch bis 2012 auf der amerikanischen Terrorliste standen.

Vaez kennt als Vertreter der Internationalen Crisis Group die Materie. In dieser Rolle war er aktiv bei den Verhandlungen dabei. Der ausgebildete Wissenschaftler Vaez ist im Iran aufgewachsen, hat unter anderem in Genf studiert und lebt in Washington, wo er die amerikanische Politik aus der Nähe verfolgt.

Die Trump-Regierung stehe nun vor drei Optionen, sagt er. Entweder sie lasse den Vertrag so stehen wie er sei. Das sei jedoch sehr unwahrscheinlich. «Oder Trump und seine Leute werden wahrscheinlich merken, dass eine schnelle Kündigung des Vertrags auch für die USA kontraproduktiv wäre.» Denn dann würde nicht nur das Abkommen kollabieren, sondern auch die Koalition, die die US-Sanktionspolitik mitträgt. Das hiesse, der Iran wäre frei von Sanktionen und Restriktionen.

Trump und seine Leute werden wahrscheinlich merken, dass eine schnelle Kündigung des Vertrags auch für die USA kontraproduktiv wäre.
Autor: Ali Vaez Iran-Experte

Trump werde wohl einen Mittelweg wählen, der das Ende des Iranabkommens einläuten könnte, so Vaez. «Er lässt das Abkommen vorläufig überleben, wird es aber nicht proaktiv und zustimmend stützen, und der Kongress wird es Schritt für Schritt unterminieren und aushöhlen, mit dem Ziel, dass die Iraner schliesslich aus dem Abkommen aussteigen.» Das heisst, zermürben und provozieren als Taktik.

Diese Taktik könnte laut Vaez konkret so aussehen: «Der Kongress wird ausserhalb des nuklearen Bereichs neue Sanktionen gegen den Iran erlassen. Als Vorwand könnte zum Beispiel ein Schiff dienen, das mit iranischen Waffen für die Huthis in Jemen unterwegs ist.» Da sind aber noch Russland, China und die Europäer, die das Abkommen mitausgehandelt haben. Sie werden es nicht zur Disposition stellen.

Europa muss sich für Erhalt starkmachen

Aber die Europäer müssten jetzt Trump nicht nur entmutigen, sondern regelrecht abschrecken. «Die Europäer müssen der US-Regierung klarmachen, dass sie nicht auf die Idee kommen soll, europäische Unternehmen zu sanktionieren, die mit dem Iran Geschäfte machen – jedenfalls nicht, solange der Iran das Abkommen einhält.» Diese Haltung vertrat Europa schon Ende der 90er-Jahre mit Erfolg gegenüber den USA, als der damalige Präsident Bill Clinton Sanktionen gegen den Iran verhängte.

Wie die Europäer stellt auch Teheran klar, dass es keine einseitige Kündigung des Vertrags durch die USA erwartet. Wenn doch, dann habe der Iran andere Optionen – allerdings keine konstruktiven, sagt Vaez. Der Konflikt würde sofort wieder angeheizt. Und der Iran würde sein Atomprogramm innert kürzester Zeit wieder hochfahren, das ist sogar in einem Gesetz so festgeschrieben, das im Oktober 2015 erlassen wurde.

Niemand, der bei Vernunft ist, würde die Büchse der Pandora wieder öffnen.
Autor: Ali Vaez Iran-Experte

Präsident Hassan Rohani hätte gar keine andere Wahl als die Eskalation. Er brächte damit die Europäer in ein Dilemma und verlöre sie womöglich als Partner, so Vaez. Kommt dazu, dass die Trump-Wahl den iranischen Hardlinern in die Hände spielt: Die Hardliner scheinen glücklich über die Wahl zu sein, sie haben sehr schlechte Erfahrungen mit Hillary Clinton gemacht, die als Aussenministerin harte Sanktionen durchdrückte und den Iran isolierte, sagt Vaez.

Im nächsten Mai steht im Iran die Wiederwahl von Präsident Hassan Rohani an. Sein politisches Schicksal ist eng verknüpft mit dem Atomabkommen. «Rohani wird geschwächt, wenn der Vertrag demontiert wird.» Dieser sei sein grosser politischer Erfolg, sagt Vaez. Und es ist ein Erfolg für alle: Der Iran wird am Bau der Atombombe gehindert, kein neuer Krieg ist ausgebrochen, die Beziehungen zwischen dem Iran und der internationalen Staatengemeinschaft verbessern sich.

Das seien alles positive Entwicklungen. «Das ist ein Abkommen, über das zweieinhalb Jahre verhandelt wurde. Seit einem Jahr ist es in Kraft. Und es funktioniert! Und dies in einer Welt, in der wir so viele Probleme haben.» Und Vaez fügt an: «Niemand, der bei Vernunft ist, der die richtige Einstellung hat, würde die Büchse der Pandora wieder öffnen.»

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