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US-Wahlen «Mit Präsident Trump können wir den Freihandel vergessen»

Die Positionen des zukünftigen US-Präsidenten Donald Trump kennt man nur aus dem Wahlkampf – manches dürfte er dabei übertrieben dargestellt haben. Klar ist trotzdem: Mit seiner Präsidentschaft werden grosse Veränderungen erwartet. In den USA, aber auch für Europa oder im Verhältnis zu China.

«Was wir heute sehen ist ein klares Zeichen dafür, dass sich Amerika gewaltig verändert hat. Sicher ist: Es wird sich einiges verschieben», sagt der USA-Kenner Josef Braml. Der Politologe ist auch Buchautor: Ein Werk aus dem Jahr 2012 heisst: «Der amerikanische Patient. Was der drohende Kollaps der USA für die Welt bedeutet.» Braml erwartet grosse Veränderungen in der US-Aussen-, Handels- und Sicherheitspolitik.

Josef Braml

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Josef Braml ist Experte für US-Aussenpolitik und Autor mehrerer Bücher zum Thema. Er arbeitet für die Deutsche Gesellschaft für auswärtige Politik.

SRF: Wie wird sich die US-Politik im Nahen Osten mit Präsident Donald Trump verändern?

Josef Braml: Das wäre auch eine berechtigte Frage, wenn Hillary Clinton Präsidentin geworden wäre. Die Amerikaner haben nur schlechte Optionen – eine Wahl zwischen Pest und Cholera sozusagen. Zum Beispiel Syrien: Hier einzugreifen wäre ein Riesenproblem, nichts tun ebenso. Man kann davon ausgehen, dass die USA keinen Einsatz von Bodentruppen riskieren werden. Die Instabilität in der Region, die von George W. Bush angerichtet wurde, ist mittlerweile Europas Problem – es hat mit Flüchtlingen zu kämpfen, welche die politischen Systeme überfordert.

Ist Trump aussenpolitisch nicht völlig anders positioniert als Clinton?

Nimmt man den Wahlkampf als Richtschnur, dann ja. Es wird interessant sein, wie er etwa das Verhältnis mit Iran weiterführt. Ich vermute, dass die USA hier sehr pragmatisch weiterfahren könnten. Es geht ja nicht nur um die mögliche atomare Bewaffnung Irans, sondern auch um ausführlichere Beziehungen, etwa, was Ölgeschäfte angeht. Und hier sind ja auch amerikanische Konzerne mit im Geschäft. Wenn Trump einen guten Deal machen kann, könnte es durchaus sein, dass der das Iran-Abkommen nicht aufkündigen wird.

Trump hat ganz andere Ideen, wie der Welthandel funktionieren soll. Das ist nicht gut für die USA – und auch nicht gut für die Welt.

Trump äusserte mehrmals Sympathie für Russlands Präsidenten Wladimir Putin. War das nur Wahlkampf-Rhetorik, oder ist eine Trump-Putin-Freundschaft denkbar?

Ich weiss nicht, ob es in der Politik überhaupt Männerfreundschaften gibt, in der Aussenpolitik wohl sicher nicht. Länder haben Interessen, keine Freundschaften. Tatsächlich aber gibt es gemeinsame Interessen zwischen den USA und Russland, etwa jenes, China einzudämmen. Die Russen fühlen sich in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft von der Expansion Chinas herausgefordert. Vielleicht werden die USA versuchen, die «Regionalmacht» Russland gegen China einzuspannen. US-Sicherheitsexperten sehen nicht mehr die Russen, sondern vielmehr die Chinesen als grösste Bedrohung an.

Trump sprach im Wahlkampf von Handelszöllen, die er gegenüber China verhängen wolle. Welche Folgen hätte ein Handelskrieg zwischen den USA und China für die Weltwirtschaft?

Das kann sich derzeit niemand ausmalen. Sicher ist, dass wir die Auseinandersetzungen mit China sehr ernst nehmen müssen – das war wohl nicht nur Wahlkampfgetöse. China ist für die USA der grösste Herausforderer, sowohl militärisch, als auch handelspolitisch. Die bestehende transpazifische Partnerschaft ist ganz eindeutig gegen China gerichtet: Die USA versuchen damit, asiatische Länder wie Japan und Südkorea, aber auch Australien an sich zu binden, um China einzudämmen. Es geht dabei nicht nur um Freihandel, sondern vor allem um Geopolitik. Es wird interessant sein, ob die Republikaner dem bereits ausgehandelten Vertrag zustimmen werden.

Könnte Trump dem Freihandel ein Ende setzen?

Das wird er wahrscheinlich. Er hat klargemacht, dass er vieles aufkündigen werde. Er wird seine Wähler bedienen, etwa jene, aus dem ehemaligen Rostgürtel im Norden der USA. Dort sind viele Industriearbeitsplätze verloren gegangen. Ein Teil der Jobs verschwand wegen der Automatisierung, ein grosser Teil aber auch wegen der Globalisierung, indem die Produktion nach China ausgelagert wurde. Trump hat ganz andere Ideen, wie der Welthandel funktionieren soll. Das ist nicht gut für die USA – und auch nicht gut für die Welt.

Trump hält Unberechenbarkeit für ein Tugend. Das ist beunruhigend.

Inwiefern wird eine Trump-Präsidentschaft die Weltordnung verändern?

Die Weltordnung wird verändert, wenn die USA sich ändern. Was wir heute sehen ist ein klares Zeichen dafür, dass sich Amerika gewaltig verändert hat. Die Gründe dafür sind seit längerem angelegt, doch erst jetzt werden wir die Wucht dieser Faktoren verstehen lernen müssen. Sicher ist: Es wird sich einiges verschieben.

Trump wird als US-Präsident «Commander in Chief», er hat seinen Finger am atomaren Drücker. Für wie gefährlich halten Sie ihn in dieser Hinsicht?

Was er sagt, ist nicht beruhigend: Er hält Unberechenbarkeit für eine Tugend – auch in der Aussenpolitik. Das hat er jedenfalls in seiner aussenpolitischen Grundsatzrede im Wahlkampf gesagt. Ausserdem wird er Chef der Geheimdienste, was man auch nicht vergessen darf. Dieser Bereich wird gegenüber der Armee immer wichtiger und der US-Präsident hat hier sehr viel Macht, auch gegenüber dem Kongress. Das ist nicht gut für die amerikanische Demokratie, aber auch nicht gut für die Weltordnung.

Für Trump ist das aussenpolitische Engagement der USA vor allem Geldverschwendung. Könnte mit ihm eine völlige Neuorientierung der US-Aussenpolitik geschehen?

Das ist zu befürchten. Sein Credo ist ja «America first». Das ist an die Zeit der 1930er-Jahre angelehnt, als Protagonisten wie Charles Lindbergh Amerika aus den Problemen in Europa und er Welt heraushalten wollten. Trump hat die Nato – das Schutzbündnis für die Europäer – in Frage gestellt und klargemacht, dass die USA den Europäern nicht zu Hilfe kämen, wenn diese künftig nicht mehr Geld dafür bezahlen. Auch können wir mit Trump den Freihandel vergessen und uns auf das Gegenteil einstellen: Protektionismus. Die USA werden auf absehbare Zeit nicht mehr der liberale Weltordnungshüter sein, der dem Welthandel auch eine stabile Leitwährung zur Verfügung stellt. Wir alle müssen neu denken und uns eigene Gedanken über die Sicherheit und die wirtschaftliche Expansion machen.

Das Gespräch führte Isabelle Jacobi.

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