Seine Grausamkeit ist Beispiellos. Der selbsternannte Khalif Abu Bakr al-Baghdadi ist heute auf dem Höhepunkt seiner Macht. Gleichzeitig ist er ein Phantom. Gerade einmal zwei Fotos vom 44-Jährigen waren bisher bekannt. Ein einziges Mal ist er öffentlich aufgetreten.
Journalisten der «Süddeutschen Zeitung» und der ARD ist es nun gelungen, etwas Licht in die Vergangenheit des Irakers zu bringen. In seiner Geburtsstadt Samarra haben sie mit einem ehemaligen Nachbarn gesprochen. «Er wollte immer der Anführer sein. Seit seiner Jugend. Er wollte immer, dass sein Wort Gehör findet. Er liebte die Macht», sagt dieser.
In Bagdad haben die Journalisten erstmals Zugang zu Dokumenten aus der Studienzeit Baghdadis bekommen. Seine Noten seien bescheiden gewesen, sagt der Rektor. Den Koran habe er in seinem Studium hauptsächlich auswendig gelernt, um Analysen oder Interpretationen sei es dabei nicht gegangen.
Trotzdem sollte der Student Ibrahim Auad Ibrahim später als Abu Bakr al-Baghdadi zum Scharia-Beauftragten des IS und schliesslich zu dessen Anführer aufsteigen, der jede Brutaliltät mit seiner theologischen Expertise rechtfertigt.
Begann Baghdatis Aufstieg im US-Gefängnis?
2004, ein Jahr nach dem Sturz Saddam Husseins, wurde Baghdadi verhaftet und im US-Gefangenenlager Camp Bucca inhaftiert. Dort habe er eine Art Terrorausbildung bekommen, sagt der irakische Ministerpräsident Haider al-Abadi.
Im Gefängnis wurden alte Saddam-Gefährten und Geheimdienstler gemeinsam mit Islamisten eingesperrt. Die Anstalt sei ein regelrechter Rekrutierungsort für den IS gewesen. In Bagdad wird Camp Bucca heute nur noch «Die Akademie» genannt.
Später wurde Baghdadi Muezzin, er unterrichtete Kinder in der Rezitation des Korans. Nach Abschluss seiner Dissertation in Theologie ging er in den Untergrund.
Heute ist der selbsternannte Khalif des von ihm ausgerufenen Islamischen Staates der weltweit meistgesuchte Terrorist.