Der extrem rechte Björn Höcke von der AfD postet ein Bild von sich und einer Friedenstaube. Dazu den Slogan: «Frieden schaffen ohne Waffen». Der Bundessprecher der AfD, Tino Chrupalla, behauptet, die AfD sei die einzige Friedenspartei in Deutschland. Pazifismus im rechten Milieu? Nein, sagt Historiker Volker Weiss. Es gehe um Sympathien für Putin.
SRF News: Gibt es einen rechten Pazifismus?
Volker Weiss: Nein, das ist kein Pazifismus, das ist eine Parteinahme für Russland, die einen aber bei der politischen Rechten nicht wundert.
Warum nicht?
Russland hat ja in den letzten Jahren sehr gezielt antieuropäische rechte Strömungen gefördert. Das jetzt ist gewissermassen der Ertrag dieser Förderung. Und es gibt auf der anderen Seite grosse Hoffnungen der Rechten, dass Wladimir Putins Regierung als eine Art Bestandsgarantie eines konservativ-weissen, nationalen, europäischen Kontinents fungieren könnte. Es geht um die gegenseitige Interessenlage.
Man hat sehr stark auf Donald Trump gesetzt, auf einen doch eher isolationistisch orientierten rechten Politiker.
Putin hat Interesse an einer schwachen europäischen Ordnung. Dafür fördert er antieuropäische Kräfte. Und diese wiederum projizieren ihre antiamerikanischen und antiliberalen Sehnsüchte auf Präsident Putin.
Das heisst, es geht eigentlich um antiwestliche Systemkritik?
Ja. Das hat Tradition. Im deutschen Nationalismus geht diese bis ins 19. Jahrhundert zurück, nach dem Wiener Kongress, als man Russland als Garanten einer konservativen Ordnung sah. Darauf bezieht man sich. Vor ein paar Jahren gab es eine 200-Jahr-Feier in Wien, bei der die Crème de la Crème der europäischen Rechten versammelt war. Es gibt einen klar positiven Bezug zu Russland aus antiliberalen, antiwestlichen Gründen.
Aber im Parteiprogramm der AfD steht, die USA seien der stärkste Bündnispartner. Und auch ein Bekenntnis zur Nato steht darin...
Ja, aber man muss sich auch ansehen, wie die Präferenzen bezüglich der USA seitens der AfD waren. Man hat sehr stark auf Donald Trump gesetzt, also auf einen doch eher isolationistisch orientierten rechten Politiker. Und in Deutschland die Nato-Mitgliedschaft infrage zu stellen, könnte sehr schnell politisch tödlich enden. Darum wagt das keiner.
Dieser rechte Pazifismus ist also in erster Linie Interessenspolitik?
Das ist reine Interessenspolitik und hat mit einem klassischen Pazifismus nichts zu tun. Dafür ist die AfD letztlich viel zu national und zu autoritär orientiert. Das geht mit klassischem Pazifismus nicht zusammen.
Die Mehrheit der Rechten positioniert sich prorussisch, weil sie Sympathien für die russische Autokratie hat.
Kommt diese Haltung an bei der Wählerschaft?
Kommt darauf an, in welcher Region. Im Westen ist die AfD gerade damit beschäftigt, ihr Überleben zu sichern. In der ehemaligen DDR kommt diese Haltung schon eher an, weil es da noch traditionelle prorussische Bindungen gibt. Seit es die Sowjetunion nicht mehr gibt, werden diese kulturell in eine antiwestliche Denkweise übertragen. Selbst wenn die Leute traditionell antikommunistisch orientiert waren, können sie sich jetzt mit einem autokratischen Russland durchaus anfreunden.
War diese Nähe zu Russland immer so stark?
Nein, es gibt auch eine Neonazi-Minderheit, die sich in Deutschland pro-ukrainisch positioniert, die in Russland eine asiatische Macht sieht. Die sieht in der Ukraine die weisse, auf Skandinavien zurückgehende Bevölkerung, die im Kampf mit der «gelben Gefahr», wie man einst sagte, steht. Das sind sich widersprechende Traditionsstränge, die nach Bedarf bedient werden. Die Mehrheit der Rechten positioniert sich aber prorussisch, da sie starke Sympathien für die russische Autokratie hat.
Das Gespräch führte Simone Hulliger.