«Ich bin das freundliche Gesicht des NS», schrieb der AfD-Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich unter ein Foto von sich selbst. Dass er mit «NS» den Nationalsozialismus meinte, stritt Helferich nicht einmal ab. Der Rechtsanwalt aus Dortmund nannte sich selbst sogar einmal «den demokratischen Freisler». Roland Freisler, muss man wissen, war der grausame Nazi-Richter, der am 22. Februar 1943 auch die Geschwister Scholl zum Tode verurteilte. Und sehr viele mehr.
Als Abgeordneter trat Helferich nicht in die AfD-Fraktion ein – diese halbherzige Reaktion war alles, was die AfD zu bieten hatte. Partei-Ausschluss? Nö. Öffentliche Verurteilung der schändlichen Worte? Fehlanzeige.
Heute nun hat das Kölner Verwaltungsgericht entschieden: Der Verfassungsschutz darf die AfD als rechtsextremistischen «Verdachtsfall» führen. Also Telefone abhören, Chats mitlesen, V-Leute einschleusen.
Ungewissheit und Mitgliederschwund
Der Entscheid ist noch nicht rechtskräftig, die AfD kann das Urteil weiterziehen, zuerst zum Oberverwaltungsgericht in Münster, dann wohl zum Bundesverwaltungsgericht. Das kann dauern. Aber bis dahin herrscht Ungewissheit, bis tief in die Parteibasis.
Die AfD leidet sowieso unter Mitgliederschwund – das wurde am Rande des Prozesses bekannt. Weniger als 30'000 Mitglieder zählt sie noch. Zu den aktuellen Krisen hat die AfD wenige oder keine Antworten, Corona ist mehr oder weniger durch, beim Ukraine-Krieg weisen die Regierungsparteien in ziemlicher Einigkeit mit der grössten Oppositionspartei, der CDU, den Weg – in Umfragen ist eine Mehrheit der Bevölkerung Deutschlands zufrieden mit «denen in Berlin».
Raus aus der Schmuddelecke
AfD-Mitglieder könnten also, wenn das Urteil in den nächsten Instanzen Bestand hat, selbst abgehört werden. Viele haben kein Problem, in der Schmuddelecke zu sitzen, haben eh nichts zu verlieren – aber ob es allen knapp 30'000 Mitgliedern so geht? Absetzbewegungen sind absehbar. Gerade Beamte kämen in die Bredouille, riskierten Kopf und Kragen.
Zu den Vorwürfen des Verfassungsschutzes hatte die AfD heute in Köln offenbar wenig Entlastendes zu bieten. Der rechtsextreme «Flügel» habe immer noch grossen Einfluss, sagte das Gericht, klar fremdenfeindliche Positionen seien sichtbar.
Egal, ob das Urteil irgendwann rechtskräftig wird: Für die AfD ist der heutige Tag eine Zäsur. Entweder sie distanziert sich klar von rechtsextremem Gedankengut und schmeisst die Extremen, die Völkischen, raus. Oder sie wird von der Zeit gefressen wie einst Rechtsparteien wie die NPD, welche bei der letzten Bundestagswahl auf gerade mal 0.1 Prozent Wähleranteil kam. Das war's dann.