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Italiens Kulturminister muss um seinen Job fürchten
Aus Echo der Zeit vom 05.09.2024. Bild: Reuters/Remo Casilli
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 26 Sekunden.

Affäre mit Influencerin Für Italiens Kulturminister wird es allmählich eng

Bahnt sich der erste Rücktritt in der Regierung Meloni an? Eine junge Frau bringt Gennaro Sangiuliano arg in die Klemme.

15 Minuten lang, zu bester Sendezeit in der Haupttagesschau, hat Italiens Kulturminister Sangiuliano gestern gebeichtet: Ja, er habe mit der um Jahrzehnte jüngeren Maria Rosaria Boccia eine aussereheliche Affäre gehabt.  

Nun ist sich Italien seit den Zeiten von Silvio Berlusconi ja allerhand und auch Deftigeres gewohnt. Und eigentlich hätte das Millionenpublikum über die peinlichen, von Tränen begleiteten Enthüllungen grosszügig hinweglächeln können.

Gennaro Sangiuliano.
Legende: Kulturminister Gennaro Sangiuliano hat zugegeben, eine Affäre mit Maria Rosaria Boccia gehabt zu haben. Diese veröffentlichte ironische Stories auf Instagram und wirft dem Minister vor, im Vergleich zu den tatsächlich stattgefundenen Ereignissen gelogen zu haben. (Foto: öffentliches Instagram-Profil von Boccia.) Imago/Ipa Photo Pressefoto DENL/Instagram

Doch da gibt es etwas, was diese Affäre politisch macht: Boccia, die sich «Influencerin» nennt, schrieb nämlich auf Instagram, sie sei zur «Beraterin» des Kulturministers aufgestiegen und für die vielen Reisen, Übernachtungen und Essen an dessen Seite habe sie nie auch nur einen Euro bezahlt. Sprich: Da sei Steuergeld geflossen.

Da fragen sich viele: Moment mal, über welche Qualifikationen verfügt diese «Beraterin» genau? Wie hat sie sich die Ehre verdient, grosse Kulturanlässe wie etwa ein hochrangiges Ministertreffen mitzugestalten? Denn vor ihrem Techtelmechtel mit dem Kulturminister war Boccia einzig dadurch aufgefallen, dass sie am Fuss des Vesuvs in Pompeij Hochzeitskleider verkaufte.

Aussage gegen Aussage

Die Posse wurde zum Skandal und bringt den Stuhl von Kulturminister Sangiuliano ganz bedrohlich ins Wanken. Vorgestern musste er reuig ganze anderthalb Stunden bei Premierministerin Giorgia Meloni vorsprechen.

Und gestern die Beichte: Überall beteuert er, seine Liebhaberin habe vom Staat nie auch nur einen Euro erhalten. Das Problem: Maria Rosaria Boccia behauptet das pure Gegenteil. Und offenbar hat sie alle Chats archiviert, Gespräche mitgeschnitten, Begegnungen mit einer sogenannten Smart-Brille gefilmt und Dokumente aus dem Ministerium kopiert.

Ein seltsames Kulturverständnis

Da stehen offenbar weitere Enthüllungen bevor und es öffnet sich ein weites, glitschiges Feld. Dabei hat sich Kulturminister Gennaro Sangiuliano schon bisher nicht gerade als trittsicher erwiesen. So bezeichnete der parteilose Rechtspolitiker Italiens grössten Dichter, Dante Alighieri, als rechtsstehend. Obschon dieser im Mittelalter gelebt hatte.

Den New Yorker Times Square verortete er in London. Oder er behauptete, dass Galileo Galilei Christoph Kolumbus zur Entdeckung Amerikas inspiriert habe: Dumm nur, dass Galilei lange nach Kolumbus lebte. Vielleicht ist Gennaro Sangiuliano mit dieser Affäre nun in den ultimativen Fettnapf getreten. Sein Abgang wäre der erste aus der Regierung Meloni, die nun seit zwei Jahren im Amt ist.

Echo der Zeit, 05.09.2024, 18:00 Uhr

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