In Washington empfängt US-Präsident Joe Biden ab heute rund 50 afrikanische Staatsoberhäupter zum USA-Afrika-Gipfel. Auf der Tagesordnung stehen Themen wie die Corona-Pandemie, der Klimawandel und der Krieg in der Ukraine. Das Treffen soll vor allem Vertrauen schaffen, sagt Afrika-Korrespondent Samuel Burri.
SRF News: Wie bedeutend ist dieses Treffen für den afrikanischen Kontinent?
Samuel Burri: Das Treffen ist für beide Seiten wichtig. Der letzte Gipfel fand vor acht Jahren statt – damals noch unter US-Präsident Barack Obama. Dieser belehrte Afrikas Staatsführer, etwa zum Thema Demokratie. Auf ihn folgte Donald Trump, der eine «America First»-Aussenpolitik betrieb und afrikanische Staaten als «shithole countries» – «Dreckslöcher» bezeichnete. Joe Biden möchte das Verhältnis zwischen den USA und Afrika jetzt neu beleben – trotz Differenzen, etwa, wenn es um Demokratie geht.
Was erhoffen sich die afrikanischen Staaten von den USA?
Der Kontinent wünscht sich in erster Linie Investitionen. Der Handel zwischen den USA und Afrika hat in den letzten zehn Jahren abgenommen – Chinas Handel ist mittlerweile viermal so gross wie jener der USA. Die Afrikaner wünschen sich aber auch Schuldenerlasse, Kompensationen für Schäden durch den Klimawandel und die Aufhebung des Patentschutzes für gewisse Impfstoffe.
Ist bezüglich Wirtschaftsbeziehungen ein konkretes Ergebnis zu erwarten von diesem Gipfel?
Eher nicht. Insgesamt fehlt Joe Bidens Afrika-Programm etwas der Fokus. Der Gipfel ist wohl vor allem darum dazu da, eine neue Vertrauensbasis zu schaffen. Aber klar ist auch: Nur durch respektvollen Umgang wird die Beziehung zwischen den USA und Afrika nicht auf eine neue Ebene gestellt.
US-Präsident Biden will die Afrikanische Union in die G20 aufnehmen und den afrikanischen Ländern einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat geben. Was würde das Afrika bringen?
Zurzeit hilft der Westen Afrika wenig, die Folgen des Klimawandels abzufedern. Der Kontinent trägt praktisch kaum etwas zum Klimawandel bei, leidet aber übermässig stark darunter. Darum fordern die Afrikaner Kompensationen und Hilfe bei der Bekämpfung der Folgen des Klimawandels. Und das können sie nur, wenn der Kontinent auch in internationalen Gremien ständig präsent ist.
Wie wichtig sind die USA für die afrikanische Bevölkerung?
Hip-Hop, Hollywoods schwarze Prominente – die amerikanische Popkultur ist omnipräsent. Zumindest in diesem Bereich haben China und Russland keine Chance.
Für Afrika ist der Gipfel schon ein Erfolg, weil er nach acht Jahren wieder stattfindet.
Man hat hier aber auch wahrgenommen, dass sich die Vorzeigedemokratie USA in den letzten Jahren in Richtung Populismus entwickelt hat. Dass die USA im Ausland Demokratie fordern, im eigenen Land aber Mühe damit haben, wird hier als Widerspruch wahrgenommen. Natürlich wirkt sich das negativ auf das Image der USA hier in Afrika aus. Und dann ist noch etwas: Eine Reise in die USA ist für viele Afrikaner praktisch unmöglich. Und zwar nicht nur wegen des Geldes, sondern weil die Visabestimmungen so hart sind.
In welchem Fall wäre der Gipfel für Afrika ein Erfolg?
Für Afrika ist der Gipfel schon ein Erfolg, weil er nach acht Jahren endlich wieder stattfindet. Die USA zeigen damit, dass Afrika für sie wichtig ist. Ein Erfolg wäre es auf jeden Fall, wenn der nächste Gipfel nicht erst wieder in acht Jahren stattfinden würde – und vielleicht sogar in Afrika.
Das Gespräch führte Vera Deragisch.