Darum geht es: Syrien hat die vollständige Vernichtung seiner chemischen Kampfstoffe angekündigt. Dies habe die neue syrische Regierung bestätigt, hiess es von der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) in Den Haag. Der syrische Aussenminister sprach laut OPCW von einem «historischen Wendepunkt» und bat die internationale Gemeinschaft um Unterstützung bei der Vernichtung der Chemiewaffen. Bereits in den nächsten Tagen sollen Experten der OPCW in das Land reisen, hiess es aus Den Haag.
Das Assad-Regime hat gegenüber der OPCW jahrelang nicht alle Chemiewaffen angegeben.
Ernsthafte Absicht: «Ich halte die Ankündigung aus Damaskus für sehr glaubwürdig», sagt Angela Kane. Die ehemalige Vertreterin der UNO für Abrüstungsfragen hat 2013 eine Chemiewaffen-Untersuchung geleitet. Sie sei sehr froh, dass in der Sache endlich ernsthafte Abrüstungsbemühungen vorhanden seien. Seit Beginn des Bürgerkriegs in Syrien 2011 hatte es Dutzende Angriffe mit Chemiewaffen gegeben, darunter auch mit Sarin und Senfgas. Die OPCW hatte mehrfach festgestellt, dass die syrische Luftwaffe für Bombardierungen mit Sarin- und Chlorgas verantwortlich war. Die Assad-Regierung hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen.
Langjährige Bemühungen: Syrien war 2013 dann unter starkem internationalem Druck der Chemiewaffenkonvention beigetreten. Das Land verpflichtete sich damit, alle Bestände der verbotenen Waffen und Produktionsanlagen zu melden und zu vernichten. Doch tatsächlich behinderte das Assad-Regime die Arbeit der Chemiewaffeninspektoren der OPCW im Land. «Das Assad-Regime hat gegenüber der OPCW jahrelang nicht alle Chemiewaffen angegeben», sagt Kane. In den letzten mehr als zehn Jahren sei Syrien und seine Chemiewaffen deshalb regelmässig Thema bei Beratungen im UNO-Sicherheitsrat gewesen.
Die OPCW-Inspektoren stellten fest, dass es in Syrien immer noch chemische Kampfstoffe gibt.
So geht die Vernichtung: Meist werden die chemischen Stoffe, aus denen die Chemiewaffen zusammengebaut werden können, verbrannt. Dazu werden aber spezielle Öfen und viel Energie gebraucht. Entsprechend kompliziert und teuer ist es, diese Stoffe zu vernichten. Im Fall Syrien wurde zumindest ein Teil der syrischen Chemiewaffen nach Unterzeichnung der Konvention durch Assad 2013/14 zerstört – auf einem speziellen Schiff auf dem Mittelmeer. «Doch die OPCW-Inspektoren stellten danach fest, dass es in Syrien immer noch chemische Kampfstoffe gibt», sagt Expertin Kane. Doch weil Syrien ein souveräner Staat sei, hätten die Inspektoren nicht unabhängig nach den Chemiewaffen suchen können.
So gelingt jetzt die Abrüstung: Der syrische Aussenminister sagt der OPCW völlige Freiheit bei der Suche nach Chemiewaffen in Syrien zu. «Das ist sehr positiv», so Kane. Was an chemischen Kampfstoffen so gefunden werde, müsse umgehend vernichtet werden – und zwar in Syrien selber. Dabei stellten sich allerdings zahlreiche Probleme – vor allem bei der Suche und dem Auffinden der Stoffe. Denn die Chemikalien, die für den Bau von Chemiewaffen gebraucht werden, werden zuweilen auch für andere Zwecke benötigt. Deshalb könne man nicht einfach alle verdächtigen Chemikalien in Syrien vernichten, so die Expertin.