«Wir werden nie vor dem woken Mob kapitulieren. In Florida wird alles woke sterben.» Diese Worte ruft Ron DeSantis von der Bühne, nachdem er mit einem Glanzresultat als Gouverneur von Florida wiedergewählt wird.
Es ist gleichzeitig eine Ansage für einen Präsidentschaftswahlkampf, bevor DeSantis seine Kandidatur überhaupt erklärt hat. An der zweifelt kaum jemand mehr. DeSantis kann derzeit in Umfragen mit Donald Trump mithalten. Ein grosser Teil seiner Beliebtheit kommt von seiner Anti-Wokeness-Politik.
An einem Gottesdienst von evangelikalen Christen in Miami gibt es nur gute Worte über Ron DeSantis. Evangelikale sind eine einflussreiche Wählerschaft; sie haben Donald Trump mit zum Sieg verholfen. Nun sehen evangelikale Latinas und Latinos DeSantis als Beschützer ihrer Werte gegen linksliberale Einflüsse.
Pfarrer Dionny Baez vertritt konservative Werte. «Ich habe ein Problem damit, dass andere unsere Kinder bezüglich ihrer sexuellen Orientierung indoktrinieren, in Filmen oder im Fernsehen. Ich mag es, dass DeSantis sich gegen Disney und andere Organisationen wehrt. Sie versuchen, ihre Werte der jungen Generation aufzudrücken.»
Seine Frau Yarissette Baez konkretisiert: «Sie fragen die Kinder, bist du männlich, weiblich oder etwas anderes? Wir als Eltern sollen die Kinder darüber aufklären.»
Es ist ein Thema, für das DeSantis politisch steht wie kaum ein anderer. Er unterschreibt ein Gesetz, dass es bis zur 3. Klasse verbietet und danach einschränkt, an Schulen über Homosexualität oder Geschlechtsidentität zu sprechen.
DeSantis unterschreibt auch das Stopp-W.O.K.E.-Gesetz. Es schränkt unter anderem ein, wie an Universitäten unterrichtet werden darf. Denn er sagt, Universitäten würden Studierende politisch indoktrinieren. Das Gesetz sagt etwa, dass sich niemand im Unterricht in Bezug auf seine Hautfarbe diskriminiert fühlen darf, oder dass niemand im Unterricht überzeugt werden darf.
«Keine Indoktrination»
Professor Robert Cassanello lehrt an der University of Central Florida Geschichte und auch über die Rassentrennung in den USA im letzten Jahrhundert. So wie er unterrichte, verstosse er gegen das Gesetz, sagt er.
Cassanello hat mit anderen gegen das Stopp-W.O.K.E.-Gesetz geklagt. Derzeit ist es vor Gericht hängig. Es gehe um die akademische Freiheit. «Gouverneur DeSantis möchte dem Universitätssystem seine konservativen Ansichten aufdrücken», sagt er. «Es geht vor allem darum, dass Themen, die DeSantis schrecklich findet, wie struktureller Rassismus, afroamerikanische Geschichte oder Sklaverei, eingeschränkt werden.»
Verwässerte Inhalte
Das Gesetz habe bereits Folgen, sagt Grace Castelin. Die Studentin ist Senatorin der Studierendenvereinigung und hat eine Resolution als Protest eingebracht. «Mehrere Kurse wurden bereits abgesagt. Die Kurse mit Bezug zu Geschichte oder Kultur, die es noch gibt, werden verwässert, weil die Professorinnen und Professoren nicht einer Straftat beschuldigt werden wollen.»
Das Gesetz beschränke, was sie lernen könne. «Der Gouverneur und andere in der republikanischen Partei mögen unsere Generation nicht, weil wir links und modern sind. Dabei ist das eine gute Sache ist, weil wir sicherstellen wollen, dass sich die Geschichte nicht wiederholt. Doch sie wollen das an der Wurzel ausrotten.»