Er schien wie eine heisse Kartoffel, der 37. America's Cup. Weder Auckland noch Valencia wollten das Segelevent haben, dann griff Barcelona zu. 70 Millionen Euro Kosten sollen am Ende mehr als einer Milliarde Euro Einnahmen gegenüberstehen – so die Rechnung einiger Experten im Auftrag der Organisatoren.
Ein «Zirkus für die Reichen»
Für Irma Samayoa geht diese Rechnung nicht auf. Die 40-Jährige kämpft mit dem Kollektiv «No a la Copa América» gegen den America's Cup. Für sie ist das ein Zirkus für die Reichen. Die normalen Leute, die Nachbarn des Hafens im «Barceloneta»-Viertel, zahlen aus ihrer Sicht einen hohen Preis. Denn «La Barceloneta» wird auch durch das Segelevent immer attraktiver. Das bedeutet höhere Mietpreise und einige Familien mussten bereits ihre Wohnungen räumen. «Jetzt werden manche für bis zu 16'500 Euro im Monat vermietet», berichtet die Aktivistin.
Am Donnerstag, dem ersten Regattatag, war sie mit einer kleinen Gruppe unterwegs, um den Protest zum America's Cup zu tragen, lautstark und mit dem Logo der Initiative auf den Fahnen.
«Klasse statt Masse»
Die Befürworter des Cups sehen darin eine Chance, Barcelonas Tourismus umzulenken. «Barcelona braucht Klasse, keine Masse. Und der America's Cup ist das beste Beispiel dafür», sagt Mateu Hernández, der oberste Tourismus-Chef der Stadt.
Auch die Vizechefin des America's Cups, Aurora Catà, hofft darauf, dass der Cup zu einer grossen Party für die Stadt und ihre Einwohner wird. «Das wird gut für unser Selbstbewusstsein», sagt die studierte Ingenieurin. «Barcelona wird dadurch wieder ins Licht der Weltöffentlichkeit gerückt», schiebt sie nach.
Der Anthropologe José Mansilla hingegen hält weder vom America's Cup, noch von den Tourismusplänen viel. «Seit Jahren steigen die Preise für Übernachtungen in Barcelona, trotzdem kommen immer mehr Touristen», begründet er seine Annahme, dass der wohlhabende Tourismus den Massentourismus nicht verdrängen wird.
Für die Gegner des Cups gehen solche Aussagen an der Realität vorbei. Spanien und auch Barcelona selbst erfahren in den letzten Jahren Besucher-Rekordzahlen. Die dramatischen Einbrüche durch die Covid-Pandemie sind überwunden. Der Vorsitzende des katalanischen Hotelverbandes, Roberto Torregrossa, sagt: «Natürlich freuen wir uns über jedes Event, doch wegen der Auslastung brauchen wir den America's Cup nicht, wir haben kaum noch eine Nebensaison.»
Wenig Publikum am ersten Tag der Vorregatta
Sportlich zumindest wird der America's Cup Zeichen setzen. Mit Geschwindigkeiten von bis zu 100 km/h sind die Rennen nun richtig schnell und damit auch spektakulär – besonders vor den Bildschirmen. Auch wenn man die Boote von der Küste aus gut sehen kann, wer gerade führt und andere Details bekommt man nicht mit.
Deshalb waren am ersten Tag der Vorregatta auch nicht viele Zuschauerinnen und Zuschauer am Meer, die den Auftaktsieg von Alinghi Red Bull Racings verfolgten. Für Crewmitglied Nico Stahlberg war das ein grosser Moment: «Nach dieser bewegten Woche mit dem Mastbruch hat uns der Sieg viel Selbstvertrauen gegeben.» Am Dienstag brach bei Alinghi zum zweiten Mal der Mast, den die Schweizer aber mit ihrem Auftaktsieg in der Vorregatta vergessen machten.
Ab dem 29. August wird es richtig ernst, dann fahren fünf Teams ihren Sieger aus. Dieser Herausforderer wird dann ab dem 12. Oktober gegen den Titelverteidiger, das Emirates Team New Zealand, antreten.