Saudi-Arabien und die USA machen den Iran für die Drohnenangriffe auf saudische Ölanlagen verantwortlich. Der Iran verwahrt sich gegen diese Vorwürfe. Wie seine Bevölkerung die Situation erlebt, schildert Natalie Amiri.
SRF News: Wie geht die iranische Führung mit den Anschuldigungen um, Iran sei für die Angriffe auf die Ölraffinerie in Saudi-Arabien verantwortlich?
Natalie Amiri: Die Vorwürfe werden von allen Seiten zurückgewiesen. Bisher haben sich die Huthi-Rebellen im Jemen dazu bekannt. Doch das scheint die beteiligten Player nicht zu befrieden. Der Ausgangspunkt des Angriffs soll gemäss US-Quellen im Südwesten des Iran gelegen haben. Mehr als 20 Drohnen und mindestens zwölf Raketen sollen eingesetzt worden sein.
Wie reagieren die Iranerinnen und Iraner darauf, dass ihr Land erneut gewissermassen zum Buhmann gemacht wird?
Dass Iran der Buhmann der Weltpolitik ist, daran haben sich die Iraner gewöhnt. Um den Abschluss des Atomabkommens herum gab es eine kurze Erholungsphase, als Iran nicht mehr als Schurkenstaat bezeichnet wurde. Man dachte, man gehöre wieder zur Welt.
Sarif hat vor ein paar Wochen Trumps Lieblingssender ein Interview gegeben. Er hoffte, dass Trump sich das anschaut, ohne von den Hardlinern beeinflusst zu werden.
Nun ist das obsolet und man fürchtet sich vor einer militärischen Eskalation. Es gibt einen Friedhof in Teheran, der mit Todesopfern aus dem letzten Krieg gepflastert ist, und man möchte auf keinen Fall noch einmal eine kriegerische Auseinandersetzung.
Haben die Hardliner um Ayatollah Ali Chamenei auch Anteil an der verfahrenen Situation? Gibts Kritik an Chamenei?
Das ist die rote Linie. Chamenei als Revolutionsführer darf offiziell nicht kritisiert werden. Hinter vorgehaltener Hand gab es in vergangenen Jahren immer wieder Kritik an seiner Politik und am Raketenprogramm, zum Beispiel, weil auf den Raketen Vernichtungssprüche gegen Israel standen. Das ist kontraproduktiv für eine Annäherung an den Westen und für das Atomabkommen. Dennoch sagt der Iran, er habe sich ans Atomabkommen gehalten.
Wie gross ist die Angst vor einem neuen Krieg bei den Iranern und Iranerinnen?
Sehr gross. Doch gibt es auch jene, die sich verteidigen wollen. Und da gibt es noch diese starke und immer stärker und mächtiger werdende Revolutionsgarde, die für die Verteidigung des Landes und zur Bewahrung der islamischen Republik gegründet wurde.
Die Revolutionsgarde ist bereit für eine militärische Auseinandersetzung.
Sie ist bereit für eine militärische Auseinandersetzung. Aber den Iran anzugreifen – das wissen auch die USA – wird einen grossen Flächenbrand in der Region mit sich ziehen.
Hat Trumps Entlassung von Sicherheitsberater John Bolton Hoffnungen geweckt, dass sich die Lage wieder etwas beruhigen könnte?
Es gab erst mal ein Aufatmen. Aussenminister Mohammed Sarif hat immer vom B-Team gesprochen. Damit meinte er John Bolton, Mike Pompeo und Benjamin Netanjahu, die den US-Präsidenten beeinflussten. Sarif hat Trump nie attackiert, er meinte vielmehr, er müsste direkt mit ihm reden. Deshalb hat er auch vor ein paar Wochen Trumps Lieblingssender, Fox News, ein Interview gegeben. Er hoffte, dass Trump sich das anschaut, ohne von den Hardlinern beeinflusst zu werden.
Der iranische Präsident Hassan Rohani wird nächste Woche an der UNO-Vollversammlung in New York teilnehmen. Wie gross ist die Chance, dass es zu einem Treffen zwischen ihm und Trump kommt?
Was hinter verschlossenen Türen in New York stattfinden wird, kann ich natürlich nicht sagen. Im Moment sieht es nicht danach aus, dass es direkte Gespräche zwischen Präsident Rohani und Präsident Trump geben wird, denn gestern hat Chamenei gesagt, es werde keine Gespräche geben.
Das Gespräch führte Roger Aebli.