Anstieg des Meeresspiegels - Pazifik «am Rande einer Klimakatastrophe»
Beim Pacific Islands Forum im Königreich Tonga diese Woche ging es um die Zukunft der tiefliegenden Länder in jenem Teil der Welt, der bereits besonders stark unter den Folgen der Klimaerwärmung leidet. Doch zu einem Durchbruch für den Klimaschutz ist es nicht gekommen.
Die Kinder, die jeden Nachmittag nach der Schule im Meer in der Pazifiknation Kiribati baden, dürften diese Woche kaum gemerkt haben, dass Tausende von Kilometern entfernt Spitzenpolitiker aus dem Pazifik, den USA und China über ihre Zukunft entscheiden. Die Kleinen hatten unmittelbarere Probleme: Sie mussten aufpassen, wie sie beim Spielen den Cola-Dosen und Plastikfetzen ausweichen können, die zu Tonnen im Wasser schwimmen.
Kiribati ist bereits derart stark vom klimabedingten Anstieg des Meeresspiegels betroffen, dass die Bewohnerinnen und Bewohner in ihrer Not ihre prall gefüllten Mülltüten am Strand aufstapeln – als Schutzwälle gegen das eindringende Wasser.
Die verwundbarste Region der Welt
Der Pazifik sei die verwundbarste Region der Welt in Sachen Klimaerhitzung, meinte UNO-Generalsekretär António Guterres zum Auftakt des Pacific Islands Forums (PIF). Eine Region, die am wenigsten zum globalen Klimaproblem beitrage, doch am meisten unter den Folgen leide. Der Pazifik, so der UNO-Chef, sei am Rande einer «Klimakatastrophe». Viele direkt Betroffene dürften ihn korrigieren: Für sie ist die Katastrophe längst Realität.
Klimaerwärmung war denn auch das Thema Nummer 1 am PIF. Oder wenigstens die Frage, wie sich die kleinen, oftmals armen Inselstaaten gegen die Folgen schützen können. «Adaptation», so das Schlagwort, «Anpassung». Wie in den letzten Jahren kamen die Vertreter der reichen Industrieländer bepackt mit Versprechen und Geld. US-Vizeaussenminister Kurt Campbell will weitere 20 Millionen Dollar in eine neue Fazilität des «Forums für pazifische Resilienz» pumpen.
Ehrliche Grosszügigkeit oder gekauftes Wohlwollen?
An Geld fehlte es also nicht in Tonga, auch wenn die wahren Gründe hinter der vermeintlichen Grosszügigkeit offensichtlich seien, wie Kritiker glauben: Der Westen, angeführt von den USA und Australien, will sich das Wohlwollen der Mehrheit der kleinen Pazifikinseln zurückkaufen, die sich in den letzten Jahren China zugewandt hatten.
Was in Tonga nicht demonstriert worden sei, war ein echter Wille der Verursacher, das Grundproblem Klimaerwärmung ernsthaft anzugehen, meinten Beobachter zum Abschluss der Konferenz. Die Wissenschaft ist sich einig: Industrienationen müssen sofort ihre Klimagasemissionen reduzieren – und zwar drastisch – um den Prozess des globalen Temperaturanstiegs und damit auch der Meeresspiegelerhöhung wenigstens verlangsamen zu können, wenn nicht aufzuhalten.
Flucht vor der Klimakatastrophe
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Fünf Meter über dem Meeresspiegel – das ist auf gewissen Koralleninseln im Pazifik schon ein hoher Berg. Immer mehr tiefliegende Inseln im pazifischen Raum werden buchstäblich überflutet, insbesondere bei Stürmen oder Unwettern. Diese werden – ebenfalls eine Folge der Klimaveränderung – häufiger und heftiger.
Die Folgen dieser Kombination von Gefahren sind verheerend für die Menschen. Häuser werden unbewohnbar, Gärten und Kokosnussplantagen sterben wegen des eindringenden Salzwassers ab. Das wertvolle, im sandigen Boden gespeicherte Regenwasser wird ungeniessbar.
Damit wird das Leben und Überleben auf vielen Inseln unmöglich: Menschen von Kiribati bis Tuvalu fliehen. Sie geben dabei ihre Heimat auf, ihre Kultur. Sie lassen ihre Tausende von Jahren alte Geschichte zurück.
Vorerst können sich die meisten Betroffenen noch auf Nachbarinseln retten. Doch irgendwann fehlt auch dort der Raum. Die Insel Tarawa gilt als dichter besiedelt als manche westliche Grossstädte.
Doch davon will gerade der mächtigste und reichste Nachbar der Pazifikstaaten nichts wissen: Australien beharrt darauf, seinen Status als weltweit drittgrösster Exporteur von klimaschädigender Kohle und Gas auszubauen. Genau diese Rohstoffe, die laut dem Premierminister von Tuvalu, Feleti Teo, die Pazifikländer «umbringen».
Das «Erschliessen, Subventionieren und Exportieren fossiler Rohstoffe» sei schlicht «unmoralisch und unakzeptabel», so Teo in einem am PIF seltenen Ausbruch von undiplomatischer Rhetorik. Die Antwort Australiens: Canberra wird künftig jedes Jahr 280 Menschen aus Tuvalu aufnehmen. Bevor dieses kleine Land – wohl als erste Nation der Welt – komplett im Meer verschwinden wird.
China kritisiert Taiwan-Entscheid
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Der schwelende Konflikt im Pazifik zwischen China und westlichen Ländern wie den USA und Australien war beim Pacific Islands Forum (PIF) dauerpräsent.
Chinas Botschafter für den Pazifik, Qian Bo, reagierte wütend, nachdem die Staats- und Regierungschefs der Region einen Vorstoss der mit Peking eng verbundenen Salomoneninseln zurückgewiesen hatten, Taiwan die Teilnahme am Treffen zu untersagen. Die Salomonen hatten zuvor andere Pazifikstaaten gedrängt, Taiwan den Status als „Entwicklungspartner“ für das PIF zu entziehen. Der Aussenminister der Salomonen, Peter Shanel, meinte, Taiwan sei „kein souveränes Land“ und das PIF solle „internationales Recht befolgen“.
Ebenfalls auf Widerstand der chinesischen Delegation stiess die Zusage der Kleinstaaten für ein neues Trainingszentrum in Australien, in dem Polizeibeamte aus dem Raum Pazifik ausgebildet werden sollen. Gleichzeitig werde eine länderübergreifend Polizeitruppe gebildet, die bei Unruhen eingesetzt werden kann. Mit diesen Massnahmen reagieren die USA und Australien auf den wachsenden Einfluss Chinas in vielen pazifischen Kleinstaaten.
Nur noch drei Länder sind diplomatisch mit dem von Peking als „abtrünnige Provinz“ kritisierten Taiwan verbunden. Das Land der Salomoneninseln ist mit China besonders eng verbunden, seit es 2019 den Kontakt zu Taiwan abgebrochen und sich Peking zugewendet hatte. China hat in den letzten Jahren in den Salomonen Millionen Dollar in den Bau von Infrastruktur investiert. Zudem bilden chinesische Experten die lokale Polizei aus und versorgen die Beamten mit Waffen.
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