Was UNO-Generalsekretär António Guterres bei einem Besuch in der Katastrophenregion gesehen hatte, schilderte er als «Monsun auf Steroiden». Er spricht von Regen und Überflutungen von «epochalem Ausmass».
Nun endet zwar der Monsun allmählich. Doch die Folgeschäden werden Land und Volk monate-, teils gar jahrelang plagen. Noch immer sind Gebiete, viermal so gross wie die Schweiz, überflutet.
«Das Wasser kann nicht abfliessen», sagt gegenüber SRF Julien Harneis, der UNO-Chefkoordinator in Pakistan: «Es muss mühsam und aufwendig abgepumpt werden. In den Überflutungsgebieten breiten sich Krankheiten aus: Malaria, Dengue-Fieber, Hautkrankheiten, Cholera. Nach der Wasserkrise folgt nun eine Gesundheitskrise.»
Es reicht hinten und vorn nicht.
33 Millionen Menschen sind von der Naturkatastrophe betroffen, knapp 21 Millionen brauchen humanitäre Nothilfe, fast acht Millionen mussten ihre Häuser, Dörfer und Städte verlassen. Mehr als 1700 Menschen starben. Die UNO rechnet sogar mit weitaus mehr Todesopfern, vor allem wegen der Krankheiten.
Seit Wochen versucht sie das Nötigste zur Verfügung zu stellen: Notunterkünfte, Lebensmittel, Medikamente, Anlagen zur Trinkwasseraufbereitung. «Doch es reicht hinten und vorn nicht», räumt Harneis ein.
Jetzt lanciert die UNO einen Hilfsappell über 816 Millionen Dollar. Das klingt nach enorm viel, ist es aber angesichts der Katastrophe nicht. «Wir sind uns», so der UNO-Mann, «der angespannten Weltlage mit zahllosen Krisen und Konflikten bewusst und bitten deshalb bewusst nur um so viel Geld, wie für humanitäre Hilfe unbedingt erforderlich ist.»
Pakistan steht nicht oben auf der Prioritätenliste
Will heissen: Die Hilfsbereitschaft ist begrenzt. Im Herbst soll dann eine internationale Wiederaufbaukonferenz folgen. Aber auch da dürfte sich zeigen, was jetzt schon sichtbar ist: Gerade für wohlhabende Staaten im Westen steht Pakistan bei weitem nicht zuoberst auf der Prioritätenliste, vor allem nicht angesichts des blutigen Krieges in der Ukraine und dessen Kollateralschäden.
Pakistan selber muss also einen grossen Teil der Last schultern. Was umso schwieriger ist, als das Land in einer politischen Dauerkrise steckt und sich verfeindete Lager erbittert gegenüberstehen. Hinzu kommt die notorische Korruption.
Bloss: Was jetzt als Jahrhundert-Hochwasser bezeichnet wird – mit mehr als achtmal der Regenmenge wie sonst in der Monsunzeit – dürfte sich wiederholen, immer häufiger und immer wieder. Es werde, so die UNO, von Mal zu Mal schlimmer und der Wiederaufbau entsprechend jedes Mal noch viel teurer.
Ein Brennpunkt der Weltklimakrise
«Südasien ist einer der Brennpunkte der Weltklimakrise», sagt UNO-Generalsekretär Guterres. Das Risiko eines Menschen, hier Opfer der Klimakrise zu werden, ist fünfzehnmal so hoch wie im globalen Durchschnitt. Umso empörender ist es, dass nach wie vor viel zu wenig entschlossen gehandelt wird. Dabei zeigt gerade die Katastrophe in Pakistan, was passieren kann und tatsächlich passiert.