Für US-Präsident Donald Trump war das Atomabkommen mit Iran seines Vorgängers Obama der «schlimmstmögliche Vertrag». Trump tat daher alles, um die Vereinbarung zu zerstören. Er kehrte ihr den Rücken, verhängte wieder Sanktionen und nötigte auch nicht-amerikanische Firmen, die Brücken zu Iran abzubrechen. «Politik des maximalen Drucks», nannte er das.
Inzwischen hat die iranische Führung ihrerseits die «Politik des maximalen Drucks» entdeckt. Sie verletzt immer mehr Bedingungen des Atomabkommens. Zuletzt, indem sie die Überwachung des Atomprogramms durch die IAEA erschwert. Deren Inspektionen sind zentral für das Vertrauen. Ohne sie ist unklar, ob und wie rasch Iran ein Atombombenprogramm vorantreibt.
Der Streit um die Inspektionen
Zwar konnte IAEA-Generaldirektor Rafael Gross bei seinem Besuch in Teheran die ärgsten Einschränkungen abwenden – für drei Monate. Doch die permanente Videoüberwachung iranischer Anlagen ist nicht mehr möglich. Und ob Spontaninspektionen weiter erlaubt sind, ist offen.
Hardliner im Parlament in Teheran poltern gegen jegliche IAEA-Kontrollen. Iran lehnt vorläufig auch informelle Gespräche mit den USA ab. Und erhöht den Druck auf Biden auch indirekt: Es ist kein Zufall, dass die von Teheran gesteuerten schiitischen Milizen im Irak gerade jetzt besonders aggressiv auftreten. Und die mit Iran verbündeten Houthis im Jemen eine Grossoffensive gestartet haben.
Teheran stellt Bedingungen
Iran tritt äusserst forsch auf. Gerade jetzt, da Präsident Joe Biden am Montag seinen Aussenminister in der UNO-Abrüstungskonferenz in Genf sagen liess, die USA seien bereit zur Rückkehr zum Atomabkommen. Zwar verbinden sie diese Ankündigung damit, der Iran müsse aufhören, den Nahen Osten zu destabilisieren und man müsse auch über das iranische Raketenprogramm verhandeln. Doch anders als unter Trump, wird das nicht mehr als strikte Vorbedingung formuliert, sondern eher als Wunsch. Was durchaus als Einlenken zu werten ist.
Politik der kleinen Schritte
Optimisten halten eine baldige Einigung für möglich. Zwar bleibt eine Grundsatzdifferenz: Teheran fordert, vorab müssten die USA die Sanktionen aufheben. Washington fordert, Iran müsse zuerst alle Vorgaben des Abkommens wieder einhalten.
Doch das liesse sich lösen: Beide handeln gleichzeitig, Zug um Zug – zuerst eine begrenzte Sanktionslockerung gegen ein bisschen weniger Urananreicherung. Dann Schritt für Schritt mehr. Der ganze Prozess minutiös überwacht von den übrigen Partnern des Atomabkommens: China, Russland, Frankreich, Grossbritannien und Deutschland.
Das Reden von der Bombe
Pessimisten hingegen glauben nicht an eine Rettung des Abkommens. Sie sehen zwar eine Aufweichung der US-Position, aber eine Verhärtung der iranischen. Dort läuft die Amtszeit des eher gemässigten Präsidenten Hassan Rohani und seines Aussenministers ab. Bei den Neuwahlen im Frühsommer dürfte ein Hardliner an die Macht kommen. Das Vorwahlklima lädt nicht ein zu Nachgiebigkeit. Zumal der mächtigste Mann im Land, der geistliche Führer Ali Khamenei, bloss lauwarm hinter dem Atomabkommen steht. Neuerdings sprechen, bisher ein Tabu, sogar iranische Offizielle von der Option einer iranischen Atombombe. Sie galt bisher als «unislamisch».
Ob nun Optimisten oder die Pessimisten recht haben – klar ist: Der eine Weg führt zwar nicht zur grossen Versöhnung, brächte aber immerhin etwas Zeitgewinn und vorübergehende Entspannung. Der andere führt zur totalen Zuspitzung, allenfalls bis hin zum Krieg.