Im Schwarz-Weiss-Weltbild von Donald Trump gibt es nur Gute und Böse. Teheran gehört zu den Bösen. Es regiere dort ein Schurkenregime geführt von fanatischen Mullahs, das weltweit Terroristen unterstütze, Israel bedrohe und Syriens Diktator Baschar al-Assad die Stange halte.
Gewiss: Man kann an der iranischen Politik vieles kritisieren. Bloss: Schön wäre es dann, eine Vorstellung zu haben, wie man darauf Einfluss nehmen will.
Trumps Ziele bleiben diffus
All das, wogegen Trump nun vom Leder zog, hat mit dem Atom-Abkommen nichts zu tun. Denn an diese Vereinbarung mit den USA, mit Russland, China, Grossbritannien, Frankreich und Deutschland hält sich der Iran. Das sagt die UNO-Atombehörde IAEA. Das sagen auch die übrigen Vertragspartner. Anders als das Problemland Nordkorea ist der Iran nicht zur Atommacht geworden.
Was der amerikanische Präsident mit seiner Tirade gegen Teheran eigentlich will, bleibt diffus. Er entzieht dem Abkommen seine Unterstützung, indem er behauptet, der Iran verletze das Abkommen. Zumindest im Geist. Doch unterschrieben wurde vor zwei Jahren nicht der Geist des Abkommens, sondern der Buchstabe.
Dem Parlament den Ball zugespielt
Trump überlässt hingegen die eigentlich logische Konsequenz aus seiner negativen Einschätzung, nämlich neue Sanktionen gegen den Iran zu verhängen, geflissentlich dem Parlament. Ob auf dem Capitol solche Strafmassnahmen beschlossen werden, bleibt jedoch offen. Trumps sicherheitspolitisches Team, angeführt von Pentagon-Chef James Mattis dürfte eher gegen Boykotte lobbyieren.
Offen bleibt auch, was der Iran nun tun wird. Lässt er Trumps Getöse einfach über sich hinwegziehen wie einen Gewittersturm? Zumindest solange die USA nicht tatsächlich Sanktionen verhängen? Oder verschafft Trumps Feindseligkeit den Hardlinern in Teheran so viel Auftrieb, dass sie das Abkommen platzen lassen und wieder mit der Urananreicherung beginnen?
Jedenfalls wollen die übrigen fünf Vertragsstaaten am Abkommen festhalten. Sie würden sich amerikanischen Sanktionen nicht anschliessen, was diesen viel von ihrer Wirkung nähme.
Schleichender Bedeutungsverlust der USA
Und der Iran wiederum dürfte kaum auf Trumps Forderung eintreten, auf ewige Zeiten auf ein Atombombenprogramm zu verzichten. Zudem auf Raketen. Und schliesslich seine – aus Teheraner Sicht – äusserst erfolgreiche und forsche Politik im Nahen Osten auf den Kopf zu stellen. Welchen Anlass hätte der Iran, überhaupt mit den USA zu verhandeln, wenn man ohnehin stets damit rechnen muss, dass in Washington mühsam ausgehandelte Verträge bei erstbester Gelegenheit in der Luft zerrissen werden?
Trumps Rede trägt also zur Klärung nichts, zur Verwirrung hingegen viel bei. Und überdies zum schleichenden, aber sich beschleunigenden Bedeutungsverlust der Supermacht USA. Wer nimmt schon ein Land ernst, an dessen Spitze der Kompass fehlt?