Im Zentrum des Netzwerks der Neuen Rechten in Deutschland steht die AfD. Ihre Wahlerfolge bringen Geld und Jobs. Die «Rheinische Post» hat ausgerechnet, dass die AfD in der laufenden Legislaturperiode 400 Millionen Euro aus staatlichen Mitteln erhält.
Die linke Berliner Tageszeitung «taz» hat recherchiert, dass 23 AfD-Abgeordnetenbüros durch ihre Angestellten Verbindungen zu extrem rechten Parteien, Think Tanks oder Burschenschaften haben. Zwei Journalisten der «Zeit» haben dieser Tage ein Buch über das Netzwerk der Neuen Rechten publiziert.
150 Organisationen umfasse das Netzwerk in Deutschland, sagt einer der Autoren, Christian Fuchs: «Die Burschenschaften sind sehr stark vertreten, als Think Tank der Szene.» Daneben gebe es Verlage, die rechte Theoretiker publizierten, einen neurechten Radiosender, eine Gewerkschaft oder – als Jugendbewegung – die Identitären.
Diese «Vorfeldorganisationen» sind extrem wichtig. Es geht darum, die Hoheit über die öffentliche Diskussion zu gewinnen. Abgeschaut hat sich die Neue Rechte ihre Taktik von den Linken, den 68ern oder von NGOs wie Greenpeace.
Es geht uns darum, mit Provokation am richtigen Punkt anzusetzen, wie mit einer Akupunkturnadel.
Der Chef der österreichischen Identitären, Martin Sellner, der durch eine Spende des Attentäters von Christchurch ins Fadenkreuz von Ermittlungen geraten ist, sagte vor einiger Zeit gegenüber Radio SRF: «Es geht uns darum, mit Provokation am richtigen Punkt anzusetzen, wie mit einer Akupunkturnadel. Wir bauen eine Gegenkraft auf, die vielleicht schon bald auf die Unterstützung öffentlicher Medien verzichten kann.»
«Der Erfolg ist massiv, wenn man bedenkt, dass es nach unseren Schätzungen höchstens 100 Führungsfiguren in dem Milieu gibt», sagt Autor Fuchs. Nicht immer in Zahlen und Fakten, aber in Form öffentlicher Aufmerksamkeit.
Es gäbe die Neue Rechte in Deutschland ohne die Flüchtlingskrise nicht.
Wie sehr die Neue Rechte den öffentlichen Diskurs dominiert, erklärt Fuchs an einem Beispiel: «Es ist normal geworden, dass ein öffentlich-rechtlicher Sender eine Talkshow mit den Worten ankündigt: ‹Sind die Altparteien am Ende?›». Genauso wie «Lügenpresse» stamme der Terminus aus dem Vokabular der Nationalsozialisten.
Deutschlands Neue Rechte sucht den Kontakt zu Putins Russland. Das gibt ihnen Gewicht – und Russland wiederum, wenn AfD-Politiker als Wahlbeobachter auftauchen, Legitimation. Fliesst auch Geld von Moskau nach Deutschland?
«Im Gegensatz zu anderen westeuropäischen Ländern hat man hier keine Indizien für russische Finanzierung gefunden.» In Deutschland greife Moskau auf Medienstrukturen wie RT Deutschland oder Sputnik News zurück.
Anonyme und möglicherweise illegale Spenden an die AfD fliessen über die Schweiz. Sei es über die Werbefirma Goal oder über Schweizer Mittelsmänner, wobei die eigentlichen anonymen Spender dahinter, so der bisherige Kenntnisstand, Deutsche sind: «Es sind immer alte, weisse Männer, die in Westdeutschland leben. Oft haben sie keine Erben und wollen auf ihre letzten Tage hin das Land verändern», sagt Fuchs.
Der Erfolg der Neuen Rechten, vor allem ihre Rasanz in den letzten Jahren, ist stupend. Fuchs hat eine Begründung: «Es gäbe die Neue Rechte in Deutschland ohne die Flüchtlingskrise nicht.» Die Ideen seien zwar schon vorher dagewesen. Thilo Sarrazin und sein Buch «Deutschland schafft sich ab» habe für Aufmerksamkeit gesorgt. Aber erst die Flüchtlingskrise und die Pegida-Proteste hätten die Tür zu einer breiten Öffentlichkeit so richtig aufgestossen, sagt Fuchs.