- 15 Jahre nach der Ermordung des früheren libanesischen Premiers Rafik Hariri hat das Sondertribunal zum Libanon nur einen der vier Angeklagten schuldig gesprochen.
- Der Libanese sei an dem Terroranschlag beteiligt gewesen, urteilten die Richter in Leidschendam bei Den Haag.
- Drei weitere Angeklagte wurden freigesprochen.
Die Beteiligung der drei übrigen Libanesen an dem Terroranschlag könne «nicht zweifelsfrei bewiesen» werden, urteilten die Richter. Über das Strafmass wird zu einem späteren Zeitpunkt entschieden. Alle vier Angeklagten sollten der pro-syrischen Hisbollah-Miliz angehören.
Nur indirekte Beweise
Das Gericht sah es aber als erwiesen an, dass der verurteilte Libanese unter anderem des Mordes schuldig ist. Er sei an dem Terroranschlag am 14. Februar 2005 in Beirut beteiligt gewesen. Das auf Initiative der Vereinten Nationen eingerichtete Tribunal hatte sechs Jahre lang in Abwesenheit der Angeklagten verhandelt.
Die Richter sahen auch keine direkten Beweise für eine Beteiligung der Führung der Hisbollah oder Syriens. In dem Verfahren habe es fast ausschliesslich indirekte Beweise gegeben, erklärte das Gericht.
Der mutmassliche Hauptdrahtzieher, ein Militär-Führer der Hisbollah, war 2016 getötet worden.
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Bild 1 von 10. Am 14. Februar 2005 stieg Hariri in sein Auto. Als seine Autokolonne an der Strandpromenade in Beirut vorbeifuhr, jagte eine Lkw-Bombe sein Fahrzeug in die Luft und hinterliess einen riesigen Krater. Bildquelle: Reuters.
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Bild 2 von 10. Bei der Explosion vor dem St.-George-Hotel kamen neben Hariri noch 21 weitere Menschen ums Leben. Zu den Toten gehörten Hariris Leibwächter und der ehemalige Wirtschaftsminister Bassil Fleihan. Bildquelle: Reuters.
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Bild 3 von 10. Hariri trat zuvor im Oktober 2004 als Ministerpräsident zurück, als sich die Balance im libanesischen Machtgefüge zugunsten der pro-syrischen Kräfte verschob. Offenbar erwog er, bei den im Mai 2005 geplanten Wahlen durch ein Volksvotum an die Macht zurückzukehren. Bildquelle: Reuters.
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Bild 4 von 10. Möglicherweise wurde ihm das zum Verhängnis. Die libanesische Opposition machte Syrien für das Attentat verantwortlich. Bildquelle: Reuters.
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Bild 5 von 10. Auch noch ein Jahr nach dem Attentat kamen Menschen zu einer Trauerfeier zusammen. Weil Rafik Hariri zumindest ansatzweise die tiefen Gräben zwischen den Sekten und politischen Stämmen in seiner Heimat zu überwinden vermochte, nannten ihn Bewunderer und Journalisten «Mr. Libanon». Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 10. Der Libanon wurde nach seiner Ermordung umgestaltet. Hariris Sohn Saad (rechts im Bild) führte eine als 14. März bekannte Koalition anti-syrischer Parteien an, die von westlichen Staaten und Saudi-Arabien unterstützt wurde. Bildquelle: Reuters.
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Bild 7 von 10. Syriens libanesische Verbündete, darunter die schiitische Hisbollah mit deren Anführer Hassan Nasrallah (Foto), schlossen sich zu einem rivalisierenden Bündnis namens 8. März zusammen. Es entstand eine sektiererische Spaltung zwischen Sunniten und Schiiten. Bildquelle: Reuters.
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Bild 8 von 10. Das Bündnis vom 14. März gewann im Juni eine parlamentarische Mehrheit. Zwischen dem 14. und 8. März kam es zu mehrjährigen politischen Konflikten. Auch das Tribunal im Zusammenhang mit dem Hariri-Mord war ein Konfliktpunkt. Bildquelle: Reuters.
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Bild 9 von 10. Die Spannungen gipfelten 2008 in einem kurzen Ausbruch eines Bürgerkriegs, in dessen Verlauf die Hisbollah Beirut übernahm. Auf dem Foto patrouillierten libanesische Soldaten in Beirut. Bildquelle: Reuters.
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Bild 10 von 10. 15 Jahre später wartete man auf das Urteil des Mordes an Hariri mit Spannung. Es wurde jedoch von dem verheerenden Explosions-Unglück in Beiruts Hafen überschattet, das 178 Menschen tötete und das Land erneut in Ausnahmezustand versetzte. Bildquelle: Reuters.
Sechsjährige Verhandlung fristete Schattendasein
Mit dem Urteil geht ein Verfahren zu Ende, das Rechtsgeschichte geschrieben hat. Das teure und aufwendige Verfahren ist der erste Terrorismus-Prozess eines internationalen Tribunals. Allerdings fristete er ein Schattendasein. Denn die Anklagebank in einem früheren Bürohaus blieb leer. Die vier Angeklagten sind flüchtig und hatten auch keinen Kontakt zu ihren vom Gericht bestellten Verteidigern.
Ein Schuldspruch ist durch die flüchtigen Attentäter rein symbolisch, wird aber in der Politik des Libanons Spuren hinterlassen. «Wir wissen, dass das Urteil selbst nicht wichtig sein wird, weil es nicht umgesetzt werden kann», sagte der libanesische Politiker Marwan Hamadah, ein Vertrauter Hariris. «Aber es ist eine internationale Massnahme und es könnte dem Libanon eines Tages erlauben, seine rechtlichen Verpflichtungen umzusetzen und die Täter festzunehmen.»
Der Terror-Anschlag, der ein Land veränderte
Der Terror-Anschlag war einer der schwersten in der Geschichte des Libanon: Fast 3000 Kilogramm Sprengstoff sollen die Attentäter eingesetzt haben, als sie vor 15 Jahren den damaligen Premier Rafik Hariri töteten. Die Druckwelle war noch kilometerweit zu spüren.
Hariri, ein schwerreicher Geschäftsmann, geniesst bis heute bei vielen Libanesen grosses Ansehen. Er spielte beim Wiederaufbau des Landes nach 15 Jahren Bürgerkrieg eine zentrale Rolle.