- In Bolivien ist ein Putschversuch von Militärangehörigen gescheitert. Der amtierenden Regierung gelang es, die Zügel in der Hand zu behalten und den Coup zu vereiteln.
- Der Anführer des Putschversuches und mittlerweile als Armeegeneral abgesetzte Juan José Zúñiga sowie weitere Putschisten sind festgenommen worden.
- Schon am Donnerstag erwartete die mutmasslichen Hauptverantwortlichen eine Anklage und ein Anhörungstermin vor Gericht.
- Boliviens Präsident Luis Arce hat den Vorwurf des Armeegeneral Juan José Zúñiga zurückgewiesen, mit den Verschwörern unter einer Decke zu stecken.
Der Andenstaat stand am Mittwoch für einige Stunden am Rande einer Staatskrise: Soldaten stürmten einen zentralen Platz von La Paz, gepanzerte Fahrzeuge rammten die Tore des Regierungspalastes. Staatschef Luis Arce und der abtrünnige General Juan José Zúñiga standen sich auf den Fluren des Regierungspalastes Quemado Auge in Auge gegenüber. Doch dann gelang es Arce, die Führungsriege seines Militärs auszutauschen, die Putschisten festzusetzen und die Truppen zum Abzug zu bewegen.
Schliesslich zeigte sich der Präsident auf dem Balkon des Regierungspalastes. «Ich danke dem bolivianischen Volk», rief Arce den Menschen zu.
17 bolivianische Militärs seien nach dem Putschversuch verhaftet worden, sagte ein hoher Minister im Fernsehen. Die Generalstaatsanwaltschaft leitete auch Ermittlungen gegen die Ex-Chefs von Heer und Marine, General Juan José Zúñiga und Vizeadmiral Juan Arnez Salvador, ein. Als Hauptverantwortliche des Putschversuchs werden ihnen Medienberichten zufolge Terrorismus und der bewaffnete Aufstand gegen die Sicherheit und Souveränität des Landes vorgeworfen.
General: Putschversuch mit Präsident abgesprochen
Offenbar richtete sich der versuchte Staatsstreich gegen eine erneute Präsidentschaftskandidatur des früheren Staatschefs Evo Morales. Der Sozialist war 2019 unter dem Druck des Militärs zurückgetreten, nachdem ihm von der Opposition und internationalen Wahlbeobachtern Betrug bei der Präsidentenwahl vorgeworfen worden war.
In einer Stellungnahme vor den Medien legte Zúñiga nahe, dass der Putsch mit Präsident Arce abgestimmt gewesen sei. «Der Präsident hat mir gesagt, dass die Situation sehr schlecht sei. Es sei notwendig, etwas vorzubereiten, um seine Popularität zu steigern», sagte der Ex-General vor seiner Festnahme im Fernsehen. «Ich habe ihn gefragt: ‹Holen wir die Panzer raus› und er hat geantwortet: ‹Holt sie raus›.» Für die Behauptung Zúñigas gibt es bislang allerdings keinerlei Belege.
Präsident Luis Arce bestreitet später den Vorwurf: Die Putschisten hätten auf eigene Faust gehandelt, sagte der Präsident am Donnerstagabend bei seiner ersten Pressekonferenz nach dem Umsturzversuch. «Ich bin kein Politiker, der seine Popularität durch das Blut des Volkes gewinnen will.»
Internationale Reaktionen zum Putschversuch
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kritisierte den Putschversuch in Bolivien scharf. «Ich verurteile entschieden die Versuche, die demokratisch gewählte Regierung Boliviens zu stürzen», schrieb von der Leyen am späten Mittwochabend auf X. Die EU stehe an der Seite der Demokratien.
Auch mehrere lateinamerikanische Präsidenten verurteilten den Vorstoss des Militärs. «Wir verurteilen jede Form des Staatsstreichs in Bolivien und bekräftigen unser Engagement für das Volk und die Demokratie in unserem Bruderland», sagte Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva.
Chiles Präsident Gabriel Boric schrieb auf X: «Wir können keinen Verstoss gegen die rechtmässige verfassungsmässige Ordnung in Bolivien oder anderswo tolerieren.»
Der Putschversuch fällt in eine wirtschaftlich angespannte Zeit im Land, das nach Einschätzung des Bundesentwicklungsministeriums zu den strukturschwächsten in Lateinamerika gehört. Bolivien hat rund 12 Millionen Einwohner und ist etwa dreimal so gross wie Deutschland.