Die Zusammenstösse in Hongkong am Wochenende waren heftig. Wie unser Korrespondent Martin Aldrovandi berichtet, haben die Protestierenden ihre Forderungen inzwischen hinaufgeschraubt. Sie wollen endlich freie Wahlen.
SRF News: Wie ist die Lage in Hongkong zurzeit?
Martin Aldrovandi: Derzeit ist es ruhig in der Stadt. Die am Sonntag blockierten Strassen sind wieder befahrbar. Fast ist man versucht zu sagen, alles sei wieder normal. Doch gestern gab es viele Verletzte und zahlreiche Verhaftungen. Entsprechend sind die Ereignisse vom Wochenende das grosse Thema in den Zeitungen von heute.
Am Sonntag erreichten uns Bilder und Videos, auf denen in Hongkong viel Gewalt zu sehen ist. Wie haben Sie das Wochenende in der Stadt erlebt?
Sowohl am Samstag als auch am Sonntag begannen die Demonstrationen friedlich. An beiden Tagen arteten die Proteste aber in Gewalt aus. Am Sonntag zogen einmal mehr Tausende Demonstrierende vor das chinesische Verbindungsbüro. Die Stimmung war sehr angespannt, unter den Protestierenden waren viele Vermummte und Personen mit Gasmasken.
Mit hellen Scheinwerfern und sehr viel Tränengas räumte die Polizei die Strasse.
Die Polizei reagierte rasch und drängte die Demonstranten zurück – zunächst mit hellen Scheinwerfern, dann mit sehr viel Tränengas. Dabei brach in der Masse auch Panik aus. Innert Minuten räumten die Polizisten die Strasse, viele Personen wurden festgenommen. Ähnlich ging es in anderen Bezirken bis in die frühen Morgenstunden weiter. Als alles vorbei war, lagen nur noch ein paar Regenschirme und Turnschuhe in den Strassen herum.
Ursprünglicher Auslöser für die Proteste war das umstrittene Auslieferungsgesetz. Nun fordern die Demonstrierenden auch mehr Bürgerrechte. Was wollen die Menschen auf der Strasse konkret?
Sie verlangen das allgemeine Wahlrecht, um endlich den Regierungschef Hongkongs frei wählen zu dürfen. Zudem wollen sie, dass die aktuelle und sehr unbeliebte Regierungschefin Carrie Lam zurücktritt. Manche fordern für ihre Anliegen Unterstützung von Grossbritannien, der ehemaligen Hongkonger Kolonialmacht. So sah man etwa viele Hongkong-Flaggen aus der Kolonialzeit. Auch US-Fahnen waren zu sehen.
Noch heute will sich erstmals die Zentralregierung in Peking zur Lage in Hongkong äussern. Was bedeutet diese Entwicklung?
Es ist die erste Medienkonferenz in der Angelegenheit des Büros für Macau- und Hongkong-Angelegenheiten. Dies ist quasi die für Hongkong zuständige Abteilung der chinesichen Regierung. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an ihre Ausführungen.
Das Gespräch führte Joël Hafner.