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Barcelona vs. Madrid Eskalation in Spanien – wie geht es weiter?

Die Fronten im Konflikt um Katalonien sind verhärtet. Beide Seiten wollen den Gang der Ereignisse bestimmen. Das sind die nächsten Schritte.

Demonstrationen: Die katalanische Unabhängigkeitsbewegung will mit Kundgebungen den Druck auf die eigene Führung wie auf die Zentralregierung hoch halten. Ein erster Aufruf zur Demonstration kam von der Linkspartei CUP, die das Bündnis JxSí des katalanischen Regierungschefs Carles Puigdemont unterstützt.

Unabhängigkeitserklärung: Die Mehrheit des Regionalparlaments in Barcelona bereitet sich darauf vor, die Unabhängigkeitserklärung zu verabschieden. Dazu trafen bereits am Donnerstag führende Abgeordnete von JxSí und CUP zusammen. Die Erklärung solle «in den nächsten Tagen» umgesetzt werden, hiess es.

Zwangsmassnahmen: Das spanische Kabinett kommt am Samstag zu einer Sondersitzung zusammen, um über konkrete Zwangsmassnahmen gegen die Führung in Katalonien zu beraten. Es gibt viele Möglichkeiten: Die Schaltstellen in Verwaltung und Polizei könnten neu besetzt werden. Regierungschef Puigdemont könnte abgesetzt werden. Im Gespräch ist auch die Anordnung einer Neuwahl des Regionalparlaments.

Grünes Licht: Der spanische Senat, die zweite Kammer des Parlaments, erwägt für Ende nächster Woche eine ausserordentliche Sondersitzung. Er muss mit absoluter Mehrheit den von der Regierung beschlossenen Zwangsmassnahmen zustimmen. Dies gilt als sicher, da die konservative Regierungspartei PP die Mehrheit hat. Im Senat würde das Verfahren noch einige Tage in Anspruch nehmen, das grüne Licht des Oberhauses könnte nach Angaben aus Parlamentskreisen Anfang November kommen. Dann hätte Rajoy freie Hand, um die beschlossenen Strafmassnahmen gegen Katalonien umzusetzen.

Notbremse: Nach Angaben aus Regierungskreisen in Madrid könnte Puigdemont das oben beschriebene Verfahren nach Artikel 155 noch abwenden, wenn er selbst Regionalwahlen im Rahmen der spanischen Verfassung ansetzen würde.

Premiere mit Interpretationsspielraum: Was im Artikel 155 steht

Der spanische Staat betritt Neuland, denn der Artikel 155 soll zum ersten Mal angewendet werden und ist sehr vage gehalten. So heisst es im Absatz 2: «Zum Zwecke der Ausführung der (...) Massnahmen kann die Regierung allen Behörden der autonomen Gemeinschaften Weisungen erteilen.» Das heisst: die Regierung in Madrid wäre gegenüber allen Einrichtungen der katalanischen Verwaltung weisungsbefugt.
In spanischen Medien wird seit Wochen spekuliert, was unter den notwendigen Massnahmen zur Durchsetzung der Zwangsverwaltung Kataloniens zu verstehen ist. Unter Verfassungsexperten wird militärische Gewalt ausgeschlossen. Allerdings droht dem katalanischen Regierungschef Puigdemont eine Anklage wegen Rebellion. Unklar ist auch der Zeitpunkt der Umsetzung, denn die Verfassung gibt keinen zeitlichen Rahmen vor.

Unzweifelhaft ist, dass eine Loslösung Kataloniens vom Rest Spaniens einen gravierenden Verstoss gegen die Verfassung darstellt. In Artikel 2 heisst es unmissverständlich: «Die Verfassung stützt sich auf die unauflösliche Einheit der spanischen Nation, gemeinsames und unteilbares Vaterland aller Spanier, und anerkennt und gewährleistet das Recht auf Autonomie der Nationalitäten und Regionen, die Bestandteil der Nation sind, und auf die Solidarität zwischen ihnen.»

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