Im Vordergrund und für die Weltöffentlichkeit am sichtbarsten sind die beiden Grosskonflikte in der Ukraine und in Gaza. Der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte, Völker Türk, äusserst sich entsetzt, wie weit die Grenzen des Handelns im Gaza-Krieg durch beide Seiten verschoben werden – auf inakzeptable und illegale Weise. In der Ukraine habe die jüngste russische Bodenoffensive ganze Gemeinschaften zerstört, so Türk.
Im Schatten der Schlagzeilen finden darüber hinaus Dutzende weitere gewalttätige Auseinandersetzungen statt. Viele von ihnen werden immer blutiger. So werde derzeit der Sudan durch die Rivalität zweier Generäle und ihrer Lager zerstört, hält Türk fest. Im Jahr 2023 stieg gemäss UNO die Zahl der zivilen Opfer von Kriegen global um 72 Prozent.
Schwächung der Zivilgesellschaft
Rund 50 Staaten, also mehr als jeder vierte, haben allein in jüngster Vergangenheit Gesetze eingeführt, deren prioritäres Ziel es ist, die Medienfreiheit einzuschränken und zivilgesellschaftliche Organisationen zu behindern. Von Georgien bis Bosnien, von Indien bis Kirgistan, von Russland über die Slowakei bis zur Türkei. Widerspruch ist lästig, die Mächtigen wollen sich immer weniger kontrollieren lassen.
Eine weitere negative Entwicklung der jüngsten Zeit sieht der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte im weithin erkennbaren Rückschritt bei den Rechten von Frauen. Dahinter stünden meistens nicht konservativere Einstellungen in der Gesellschaft. Es seien viel mehr Regierungen, welche die Uhr zurückdrehen wollen – am extremsten in Afghanistan und Iran.
Schutz der Umwelt – ein Menschenrecht
Wer das Positive finden will, muss gut suchen. Türk erinnert daran, wie voriges Jahr in Genf das 75-jährige Bestehen der UNO-Menschenrechtserklärung gefeiert wurde. Damals hätten sich zwar zahlreiche Staaten Vereinbarungen zugunsten der Menschenrechte angeschlossen. Bloss: Ein internationales Abkommen unterzeichnen bedeute noch nicht, dass man sich nachher daran halte.
Einen grossen Fortschritt sieht Türk darin, dass internationale Gerichte zunehmend den Schutz der Umwelt als Menschenrecht betrachten. Bahnbrechend ist für ihn das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zugunsten der Klimaseniorinnen. In diesem Punkt dürfte ihm indes nur ein Teil der Schweizer Politik und Bevölkerung beipflichten.