Darum geht es: Viele Menschen in Europa waren im vergangenen Jahr mit extremen Wetterbedingungen und ihren Folgen konfrontiert. Das zeigt ein gemeinsamer Bericht des europäischen Klimawandeldiensts Copernicus und der Weltwetterorganisation WMO. Die Aufzeichnungen reichen bis 1940 und teils weiter zurück.
Ausserordentliche Rekorde: Das Jahr 2023 sei noch extremer gewesen als die Jahre zuvor, sagt Thomas Fröhlicher, Klimaforscher und Professor an der Universität Bern. Auch der Direktor von Copernicus (C3S) Carlo Buontempo sagt: «Wir wurden Zeuge von weitverbreiteten Überschwemmungen, aber auch von extremen Waldbränden mit hohen Temperaturen und schweren Dürren.»
Temperatur und Hitze: Das Jahr 2023 war gemeinsam mit dem Jahr 2020 das wärmste Jahr in Europa seit Aufzeichnungsbeginn. Die Temperaturerhöhung lag bei 2.6 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Über ganz Europa gemittelt waren im vergangenen Jahr elf Monate überdurchschnittlich warm. Der September war gar der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen. Insgesamt ist ein Rekordwert an Tagen mit extremem Hitzestress registriert worden, also gefühlten Temperaturen von über 46 Grad. In Europa haben sich zudem grosse Waldbrände ausgebreitet.
Überflutungen und Regen: Insgesamt fiel im vergangenen Jahr sieben Prozent mehr Regen als im Durchschnitt. Es war eines der nassesten bislang registrierten Jahre. In einem Drittel des Flussnetzes in Europa wurden Wassermengen verzeichnet, die die Hochwasserschwelle überschritten.
Meere und Alpen: Die Meere rund um die europäischen Küsten waren im Mittel so warm wie nie zuvor seit mindestens 1980. Auch auf den Gletschern war es viel zu warm. 2022 und 2023 verloren die Gletscher in den Alpen rund zehn Prozent ihres Volumens.
Schäden und Betroffene: Im vergangenen Jahr waren rund 1.6 Millionen Menschen von Überflutungen betroffen, mehr als eine halbe Million Menschen von Stürmen. Die wetter- und klimabedingten Schäden werden auf weit über zehn Milliarden Euro geschätzt.
So besorgniserregend sind die Ergebnisse: Die Ergebnisse des neuen Klimaberichts kommen für Klimaforscher Fröhlicher aufgrund der El-Niño-Situation nicht überraschend. Die hohen Temperaturen in Europa seien jedoch höher gewesen, als viele erwartet hätten. «Dies ist besorgniserregend – insbesondere die aussergewöhnlich hohen Temperaturen in den Weltmeeren.»
Positive Wendungen: 2023 haben die erneuerbaren Energien 43 Prozent der Stromerzeugung in Europa ausgemacht. Fröhlicher führt das auf die starken Herbst- und Winterstürme und die hohen Pegelstände der Flüsse zurück.
Bedeutung für die Zukunft: Die vorherrschende El-Niño-Situation dürfte sich laut Fröhlicher abschwächen. «Ich gehe davon aus, dass wir in diesem Jahr den globalen Temperaturrekord nicht mehr erreichen werden.» Trotzdem sei aufgrund der weiteren Treibhausgasemissionen klar: «Die Extremereignisse werden häufiger und intensiver. Hitzewellen, aber auch Dürreperioden werden sich über längere Zeiträume ausdehnen.»
Das muss passieren: Thomas Fröhlicher sieht nur eine Lösung: «Wir müssen den Ausstoss von fossilem CO₂ drastisch reduzieren. Alles andere spielt für das Klima und den Ozean eine untergeordnete Rolle.»