Es ist zweifellos der wichtigste Tag für Präsident Trump – und wohl der beste. Er hat Recht bekommen. Es gibt keine Verschwörung von ihm und seinem Team mit Russen anzuklagen.
Vorverurteilungen gingen teils zu weit
Seine Genugtuung ist denn auch gross. Er und seine Familie waren 22 Monate lang belastet von Vorverurteilungen, die teilweise Grenzen des Respekts überschritten. Kommentatoren beschreiben Trump mit Bezug auf die Verschwörungsfrage denn auch zurecht als Sieger.
Es ist zweifellos aber auch ein wichtiger Tag für den Rechtsstaat USA. Hier nimmt man die Losung «niemand steht über dem Gesetz» quasi mit der Muttermilch auf. Und hier hat ein unabhängiger Sonderermittler aufwändig fast zwei Jahre lang untersuchen dürfen.
Glaube an Demokratie wird gestärkt
Natürlich unter täglichem Beschuss eines nervösen Präsidenten konnte Robert Mueller aber uneingeschränkt schalten und walten. Danach sieht es Stand heute jedenfalls aus. Und genau das dürfte den Glauben in demokratische Institutionen stärken. Was gerade in Zeiten der politischen Zerrissenheit besonders wichtig ist.
Aber es bleiben Fragen.
- Warum hat Sonderermittler Mueller Präsident Trump beim Thema Justizbehinderung nicht entlastet, so wie er das bei der Verschwörungsfrage getan hat? Warum überliess der unabhängige Mueller diese Entscheidung einem von Trump eingesetzten Justizminister? Der hat dem Präsidenten zwar auch hier zu einem Sieg verholfen. Aber ein Sieg mit Hilfe des eigenen Schiedsrichters wirft einen grossen Schatten auf die Entscheidung. Deshalb ist es zwingend, dass Justizminister Barr den Report so weit wie möglich veröffentlicht. Das hilft nicht nur seiner Glaubwürdigkeit. Es reduziert die Angriffsfläche für Demokraten, die versuchen, politisches Kapital daraus zu schlagen.
- Apropos Demokraten: Auch wenn Trump heute juristisch aus dem Schneider ist, bleibt trotzdem die Frage, ob sie ein Amtsenthebungsverfahren anstreben sollen. Denn es ist durchaus realistisch, dass der Bericht Kompromittierendes über Trump zu Tage fördert, das aus ihrer Sicht diesen politischen Prozess rechtfertigen würde. Aber sie tun gut daran, sich nicht auf die Trump-Untersuchungen zu versteifen. Der Schuss könnte mit Blick auf die Wahlen 2020 auch nach hinten losgehen. Und das Land hat definitiv noch andere Probleme.
- Ist es, wie die Trump-Treuen behaupten, wirklich ein so guter Tag, wenn einzig klar wird, dass der Präsident und seine Mitarbeiter sich nicht mit einer feindlichen Nation verschworen haben? Mit dem Erzfeind Russland? Wenn klar bewiesen ist, wie naiv das Wahlkampfteam Russen empfing, die die Wahlen beeinflussen wollten. Wenn gleich mehrere Wahlkampf- und Regierungsmitarbeiter über Kontakte mit Russen gelogen haben und das danach zugeben mussten? Wenn noch nicht befriedigend geklärt ist, ob der Präsident die Justiz behindert hat? Und wenn klar ist, dass und wie die Russen die demokratischen Wahlen der USA beeinflusst haben?
Egal ob politisch rechts oder links: Es ist sinnvoll, sich mit diesen Fragen ernsthaft auseinanderzusetzen. Das macht diesen historischen Tag zweifellos auch zu einem wichtigen Tag für die USA und ihre Demokratie.