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Wahlen in Italien: Migrationsdebatte ist neu entfacht
Aus Rendez-vous vom 12.02.2018. Bild: zvg
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Berlusconi lebt wieder auf Weshalb die Rechte die grössten Wahlchancen hat

Einer der renommiertesten Politologen Italiens sieht die Rechte im Aufwind – nicht nur wegen der Ereignisse in Macerata.

Derzeit kommen deutlich weniger Migranten und Flüchtlinge in Italien an. Das Thema war aus den Schlagzeilen verschwunden. Doch die Ereignisse im Städtchen Macerata haben es nun wieder ganz nach oben katapultiert, wie der italienische Politologe Roberto D'Alimonte feststellt. Und: Das Thema werde die Parlamentswahlen im März deutlich beeinflussen, ist er sich sicher.

Der Fall Macerata

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Legende: Reuters

Seit gut einer Woche diskutiert ganz Italien über die Geschehnisse im Städtchen Macerata. Dort soll ein Migrant aus Nigeria eine Italienerin brutal ermordet haben. Wenig später schoss ein Italiener offenbar als Rache auf Dunkelhäutige und verletzte einige schwer.

Diese Eskalation hat am Wochenende Tausende Italienierinnen und Italiener auf die Strasse getrieben, um gegen Gewalt zu demonstrieren.

Seit der Attacke von Macerata ist im italienischen Wahlkampf eine bittere Debatte über Migration entbrannt. Vor allem rechte Parteien erhoffen sich dadurch mehr Zuspruch bei der Wahl am 4. März.

Das Thema Migration hilft laut Einschätzung D'Alimontes wohl vor allem der rechtspopulistischen Lega von Matteo Salvini. «Die Koalition der Rechtsparteien ist die einzige, die eine Chance auf den Sieg hat.» Der sozialdemokratische Partito Democratico von Matteo Renzi und die von Beppe Grillo gegründete Protestbewegung «Cinque Stelle» lägen zu weit zurück.

Doch der Vorsprung der Rechtskoalition heisse nicht, dass sie tatsächlich auch eine Mehrheit der Sitze in beiden Parlamentskammern erringen könne. «Die Hürde dafür ist sehr hoch», sagt D'Alimonte.

Glaubwürdig, vertrauenerweckend, moderat: So wird Berlusconi von vielen Italienerinnen und Italienern trotz allem noch immer wahrgenommen.
Autor: Roberto D'Alimonte Politologe an der Luiss-Universität in Rom

Stärkste Kraft dieser Rechtskoalition ist ein alter Bekannter: Silvio Berlusconi mit seiner Forza Italia. Warum der 81-jährige, herzkranke und als Steuerbetrüger verurteilte Cavaliere nach wie vor zieht, erklärt D'Alimonte so: «Glaubwürdig, vertrauenerweckend, moderat: So wird Berlusconi von vielen Italienerinnen und Italienern trotz allem noch immer wahrgenommen.»

Viele trauten es zum Beispiel nur Berlusconi zu, die hohen italienischen Steuern tatsächlich zu senken. Manch einer mag einwenden, dass der Ex-Regierungschef genau das schon oft versprochen, und nicht eingehalten hat.

Die italienischen Wähler sind nicht so rational wie Sie und ich.
Autor: Roberto D'Alimonte

Haben die Italiener denn kein Gedächtnis für gebrochene Wahlversprechen? «Nein. Denn die italienischen Wähler sind nicht so rational wie Sie und ich», sagt D'Alimonte. Seine Stimme verrät, dass er das ernst meint. Berlusconi wirke auf seine Landsleute zudem – «selbst wenn das nördlich der Alpen kaum einer versteht» – sympathisch und als Charmeur.

Eine Koalition mit Hintergedanken

Der Cavaliere habe aber noch eine ganz andere, sehr nützliche Eigenschaft: «Er ist eine Identifikationsfigur», so D'Alimonte. Nur er verstehe es, die widerstrebenden Kräfte und Parteien des rechten Lagers zusammenzuhalten – auch wenn diese Einheit lediglich Maskerade sei.

Berlusconi sei mit der rechtspopulistischen Lega Salvinis nur eine Scheinkoalition eingegangen. «Denn inhaltlich liegen Berlusconi und Salvini weit auseinander. Es geht ihnen einzig darum, sich in den Majorzwahlkreisen, in denen nur der Stärkste gewinnt, Sitze zu sichern.»

Linke und Cinque Stelle stehen alleine da

Die Linke hingegen habe es verpasst, eine solche Koalition zu schmieden, so wackelig diese auch sei. Der sozialdemokratische Partito Democratico ist unter der Führung Renzis heillos zerstritten. Der linke Flügel hat sich abgespaltet und tritt nun alleine zur Wahl an. «Für Renzi ist das ein Handicap. Das wird seinen Partito Democratico Sitze kosten», prophezeit der Politologe.

Wegen der linken Spaltung habe die Rechte in vielen Wahlkreisen nur einen wirklichen Gegner: die 5-Sterne-Bewegung. Laut D'Alimonte punktet sie vor allem bei den Jungen. Insbesondere in Süditalien, wo viele Junge keine Arbeit haben, sei Cinque Stelle stark.

«Und trotzdem hat auch sie keine reellen Siegeschancen, denn wie dem Partito Democratico fehlt auch Beppe Grillos Bewegung ein starker Partner.» Favorit bleiben also die rechten Parteien unter Berlusconi.

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