Zwei Wochen nach dem Eklat im Weissen Haus freuen sich die russischen Staatsmedien noch immer über Donald Trumps «Prügelstrafe» gegen Wolodimir Selenski, wie sie es nennen. Trotzdem bleiben sie vorsichtig.
«Trump macht das wie ein mittelalterlicher König. Er sieht Selenski als seinen Vasallen und zeigt ihm, wie er sich vor seinem Oberherrn benehmen muss», sagte ein Experte jüngst in einer Newssendung. Worauf die Moderatorin einwarf: «So gefällt uns Donald Trump natürlich. Aber vermutlich hat er auch andere Seiten.»
Kreml empfindet Trump als manipulierbar
In seiner ersten Amtszeit hatte Trump Bewunderung für Wladimir Putin gezeigt, aber auch die Sanktionen verschärft. Nun will der Kreml Trump bei Laune halten und seine Sympathien für Putin ausnutzen.
So zitierte die «Washington Post» einen europäischen Geheimdienstler, dem zufolge Trump im Kreml als willensschwach und manipulierbar gelte. Nicht zufällig betonte Putin am Donnerstag zunächst seine Dankbarkeit gegenüber Trump, bevor er dessen Vorschlag einer Waffenruhe faktisch zurückwies.
Die schärfsten Angriffe in den Kremlmedien gelten nun den Europäern, die sich hinter die Ukraine gestellt haben. Emmanuel Macron ist derzeit ein besonderes Feindbild, Russlands beliebteste Newssendung verbreitete jüngst ein Märchen aus der realitätsfernsten Ecke der Trump-Bewegung, Macrons Ehefrau sei tatsächlich ein Mann.
Moderatoren, die einst der USA mit Atomwaffen drohten, sprechen jetzt von einem «Grossmächte-Dreieck» zwischen Amerika, Russland und China. Unterschieden wird zudem zwischen der «neuen Welt» – Amerika unter Trump – und der «alten Welt» Europa, die einem verlorenen Imperium nachtrauere.
«USA interessieren sich nicht mehr für Demokratisierung der Welt»
«Die neue Ausrichtung der USA hat in erster Linie damit zu tun, dass Russland auf dem Schlachtfeld und innenpolitisch so stabil ist wie noch nie», sagt der Moskauer Politologe Dmitri Trenin.
Die Ukrainer müssen aufhören zu kämpfen, ihre Armee abziehen und abbauen und sich zur Neutralität bekennen. Sonst verlieren sie ihren Staat noch ganz.
Trenin galt einst als pro-westlich, ist aber heute auf Kreml-Linie – wie viele in der russischen Elite, die den Krieg inzwischen rechtfertigen. «Trumps Weltbild besteht darin, dass es verschiedene Länder gibt, einige sind schwächer, andere stärker», so Trenin. «Sie alle kämpfen um ihren Platz an der Sonne.»
Die USA würden sich nicht mehr für die Demokratisierung der Welt einsetzen, sondern rein für ihre eigenen Interessen, so Trenin. «Und das ist auch die Philosophie des Kremls.» Es ist eine Grossmachtlogik, die nur das Recht des Stärkeren kennt und die souveränen Entscheide kleinerer Länder beiseiteschiebt – etwa den Wunsch der Ukraine, sich Europa anzunähern.
Kriegsziel bleibt bestehen
Dmitri Trenin glaubt, Russland werde die Ukraine auslöschen, wenn sie sich nicht füge. «Die Ukrainer müssen aufhören zu kämpfen, ihre Armee abziehen und abbauen, sich zur Neutralität bekennen und aufhören, die russische Kultur anzugreifen», sagt er. «Sonst verlieren sie ihren Staat noch ganz.»
Dass das Regime Putin sein dreijähriges Kriegsziel weiterverfolgt, die Ukraine zu unterwerfen, sagt es seiner Bevölkerung direkt: «Heute, da Russland und die USA im Dialog sind und immer mehr über Frieden gesprochen wird, fragen viele: Bleiben wir auf halber Strecke stehen?», hiess es diese Woche im Staatsfernsehen.
«Wladimir Putin hat es ganz klargemacht: Nein. Die Ziele der Spezialoperation werden erfüllt. Sonst hätte es keinen Sinn gegeben, sie anzufangen.»