Bei ihrem virtuellen Treffen sprachen US-Präsident Joe Biden und Kanadas Premierminister Justin Trudeau vor allem über zwei Themen: Ihre enge Partnerschaft und den Klimawandel, wie der in Ottawa lebende Journalist Gerd Braune weiss.
SRF News: Die Beziehungen zwischen den USA und Kanada waren unter Trump sehr angespannt. Biden will sie wieder harmonisieren. Gelingt ihm das?
Gerd Braune: Die gegenseitigen Beziehungen gewinnen jetzt sicher wieder an Fahrt. Der Ton beim virtuellen Treffen Bidens mit Trudeau war sehr freundlich und man spürte die Ehrlichkeit, mit der die beiden Politiker miteinander umgingen.
Das virtuelle Treffen verspricht viel für die Zukunft.
Biden betonte, die USA hätten keinen engeren Freund als Kanada – das hat doch Gewicht. Unterfüttert wurde die Aussage mit einem achtseitigen «Fahrplan für eine erneuerte Partnerschaft». Er stellt die Zusammenarbeit in der Corona-Pandemie an erste Stelle, gefolgt von Klimawandel und der Ankurbelung der Wirtschaft. Das Treffen verspricht viel für die Zukunft.
Biden hatte eine «Buy-American»-Strategie verkündet – Amerikanerinnen und Amerikaner sollen primär in den USA hergestellte Produkte kaufen. Das kam in Kanada natürlich nicht sehr gut an. Was wurde beim Treffen zu diesem Thema gesagt?
Das Thema wurde nicht direkt angesprochen – in den verabschiedeten Papieren ist davon nicht die Rede. Biden hat mit seiner Strategie die US-Arbeitsplätze im Blick, er sieht aber auch, wie wichtig Kanada als Zulieferer für die US-Industrie ist – schliesslich gehen 75 Prozent aller kanadischen Exporte in die USA. Da gibt es sicher Fakten, denen gegenüber Biden aufgeschlossen ist.
Kanada ist wichtig als Zulieferer für die US-Industrie.
Das Weisse Haus bestätigt inzwischen, dass man über Ausnahmeregelungen für Kanada nachdenkt. So könnte die Strategie auf «Buy Northamerican» geändert werden, was den gesamten Raum der Nafta-Handelszone einbeziehen würde. Klar aber ist: Biden hat die Interessen seiner Wählerinnen und Wähler im Fokus und diese wird er auch durchsetzen.
Kanadas Beziehungen zu China sind derzeit nicht die besten. Erhält Trudeau Rückendeckung von Biden?
Weil Kanada auf Begehren der USA die Finanzchefin des chinesischen Telekom-Konzerns Huawei unter Hausarrest gestellt hat, hat Peking vor zwei Jahren bekanntlich zwei Kanadier in Haft gesetzt. In Kanada werden diese Inhaftierungen als willkürlicher Revanche-Akt Chinas empfunden.
Kanada kann gegen China mit Unterstützung der USA rechnen.
Biden hat jetzt klargestellt, dass Kanada mit der Unterstützung der USA rechnen kann. So sagte der US-Präsident, Menschen dürften nicht Verhandlungspfand in politischen Auseinandersetzungen sein und man setze sich dafür ein, dass die beiden Kanadier bald sicher nach Hause zurückkehren könnten.
Werden die unter Trump belasteten Beziehungen zwischen den USA und Kanada jetzt wieder so gut, wie sie früher waren?
Was sich auf jeden Fall ändert ist, dass man wieder miteinander spricht und Ottawa in Washington nicht mehr einen unberechenbaren Partner hat, der durch seinen morgendlichen Tweet die Weltlage jederzeit verändern kann. Trudeau hat jetzt einen Partner, zu dem er einen Draht hat. Man schätzt sich gegenseitig. Auch wenn es beim Handel, in der Verteidigungs- oder Aussenpolitik Meinungsverschiedenheiten geben wird, wird es für Kanada viel einfacher sein, mit der US-Regierung umzugehen.
Das Gespräch führte Salvador Atasoy.