Ob zu Hause oder auf Reisen: Die Alipay-Werbung besingt die Vorzüge der Smartphone-Bezahl-App. Die chinesischen Bezahl-Apps Alipay und Wechat sind in der Tat praktisch. Mühsames Heraussuchen von Münzen und Noten entfällt, Geschäfte müssen kein Bargeld zur Bank bringen – vorausgesetzt, die Kundinnen und Kunden haben ein Bankkonto, mit dem die Apps verbunden sind, und ein Smartphone, das Internetempfang hat.
Geht es nach den Plänen der chinesischen Zentralbank, wird dies noch einfacher. Die geplante Digitalwährung geht nämlich einen Schritt weiter.
Man müsse sich das so vorstellen, erklärt Mu Changchun, der bei der Zentralbank für die Entwicklung der Digitalwährung zuständig ist: «Solange Sie und ich ein digitales Portemonnaie auf dem Handy installiert haben, und sich die Handys berühren, können wir eine Überweisung machen. Sie brauchen dazu weder eine Internetverbindung noch ein Bankkonto.»
DC/EP – der digitale Renminbi
Die Digitalwährung sei eben wie Bargeld und damit noch einfacher zu nutzen als die derzeit gängigen Bezahl-Apps, so Mu. Das praktische und schnelle Bezahlen ist jedoch nur ein Aspekt. Der Zentralbank dürfte es um viel mehr gehen, sagt Leonhard Weese, Mitbegründer der Bitcoin-Association in Hongkong. Die Zahlungsplattformen Alipay und Wechat besitzen in China eine überwältigende Marktmacht: «Das sieht die Zentralbank nicht gerne.»
Sie hätte lieber einen vom Staat betriebenen Transfermechanismus, den man über die Telefonnummer identifiziert, erklärt Weese. «Also ohne, dass die eine oder andere App mehr Marktmacht gegenüber einem Mitbewerber hat.»
Chinas Antwort lautet «Digital Currency Electronic Payments», kurz: DC/EP, Chinas digitaler Renminbi. «Für China, das sehr gezielt Geld injizieren und die Wirtschaft lenken und beeinflussen will, ist es von Vorteil zu wissen, wie viel Geld in der Volkswirtschaft existiert, in welchen Teilen der Wirtschaft es zunimmt», so Weese. Dies helfe der Regierung dabei, genau sagen zu können, «dies ist nicht gewünscht» oder «von dem hätten wir gerne mehr».
Möglichkeit der Überwachung
Bitcoin und Facebooks Libra-Projekt dürften Peking ebenfalls motiviert haben, mit der eigenen digitalen Währung vorwärts zu machen – einer Währung, die der Staat, anders als Kryptowährungen wie Bitcoin, voll unter Kontrolle hat. Doch es stellt sich die Frage des Datenschutzes. Wird der Staat seine Bürgerinnen und Bürger damit noch besser überwachen können?
«Der chinesische Staat wird das natürlich benutzen, um seine schlimmsten Feinde zu verfolgen», glaubt Weese. «Aber so wie wir es jetzt sehen, benutzt er es nicht, um in jedes Detail des Lebens der Menschen einzugreifen.» Und: Ganz so einfach sei die Einführung einer digitalen Währung ohnehin nicht.
Andere Länder beobachten China
Vor allem die technischen Hürden seien hoch: «Wir wissen, dass externe Berater bei der Zentralbank arbeiten, um dieses System zu schaffen. Aber langfristig muss die Bank das System selbst managen, und es ist schwer für eine solche Institution, zu einem Technologie-Anbieter zu werden – denn das System darf ja nicht ausfallen, auch nicht einmal zehn Minuten im Jahr.»
Derzeit führen mehrere chinesische Städte Pilotversuche durch. Wann genau Chinas digitaler Renminbi offiziell eingeführt wird, ist noch ungewiss. Andere Regierungen dürften Chinas Experiment dennoch genau beobachten.