Jair Bolsonaro ist der Stargast an diesem Anlass. Gastgeber ist Charlie Kirk, Podcaster und Gründer der einflussreichen Rechtsaussen-Organisation «Turning Point USA». Kirk unterstützt Trump, und der Anlass findet in einem Trump-Hotel statt, dem Trump National Doral in Miami.
Kirk verbreitet wie Trump die Lüge vom Wahlbetrug, Bolsonaro hat immer wieder Zweifel am Wahlsystem gesät und seine Niederlage nie eingestanden. Auch im Publikum sind die Meinungen gemacht, dass Bolsonaro Opfer von Betrug war. «Bolsonaro hat gar nicht verloren, es gab Betrug», sagt eine brasilianisch-amerikanische Doppelbürgerin. Mehrere andere Gäste sehen das gleich. Der Saal ist nicht ganz gefüllt, aber die Begeisterung der Anwesenden über den Auftritt Bolsonaros ist gross.
Bolsonaro sagt in seiner Rede, seine Popularität sei im letzten Jahr grösser gewesen als zuvor. Er könne sich nicht vorstellen, warum der linke Kandidat gewonnen habe. Gastgeber Kirk wirft ein, das komme ihm bekannt vor, damit spielt er auf die Abwahl von Trump an. Immer wieder beginnen die Menschen im Saal zu rufen: «Sperrt Lula ein!» zu rufen, den brasilianischen Präsidenten.
Bolsonaro beantragt Touristenvisum
Vor knapp einem Monat, am 8. Januar 2023, stürmten Anhänger des abgewählten brasilianischen Präsidenten Bolsonaro das Regierungsviertel. Bolsonaro selbst war nicht in Brasilien – er war kurz vor der Amtseinsetzung des neuen Präsidenten Lula in die USA gereist.
Bolsonaro wohnte einen Monat lang in einem Haus in einem Resort in der Nähe von Orlando und Disneyland. Er führte ein relativ unauffälliges Leben, liess sich mit Anhängern fotografieren, die vor dem Haus, in dem er wohnte, stundenlang warteten. Eine Nachbarin sagt gegenüber SRF News, er habe das Haus vor einigen Tagen verlassen.
Nun hat Bolsonaro laut seinem Anwalt ein Touristenvisum für sechs Monate beantragt. Er wolle noch etwas bleiben, sagte Bolsonaro an einer kleinen Medienanlass diese Woche, auch wenn er Brasilien vermisse.
Kritiker vermuten allerdings, dass er sich der brasilianischen Justiz entziehen wolle. Nach dem Sturm von Bolsonaro-Anhängern auf das Regierungsviertel in Brasilia ermitteln die Behörden wegen einer möglichen Beteiligung von Bolsonaro. Dazu laufen weitere Verfahren. Die Parallelen zum Sturm aufs Kapitol in den USA, wo auch zur Rolle von Donald Trump ermittelt wird, sind schwer zu übersehen.
Biden-Regierung in verzwickter Lage
Mehrere Dutzend Abgeordnete der Demokraten haben US-Präsident Joe Biden geschrieben, dass Bolsonaro hier keine Zuflucht vor der brasilianischen Justiz finden dürfe. Für die US-Regierung ist Bolsonaros neues Leben in den Vereinigten Staaten eine verzwickte Situation. Umso mehr als in einer Woche der brasilianische Präsident Lula in Washington für ein offizielles Treffen mit Biden erwartet wird.
Ganz anders die Stimmungslage im Trump-Hotel in Miami. Dort verlässt Bolsonaro die Bühne unter Jubel, und von Anhängern umringt. Jeder will noch ein Foto mit ihm machen, ein Tumult. Die Begeisterung seiner Anhänger ist nach wie vor ungebrochen.