«Täglich grüsst das Murmeltier» – so fühlt es sich für viele an, die die Brexit-Saga mitverfolgen. Wieder vergeht eine Deadline, wieder vergeht ein Showdown, ohne dass die versprochene Action geboten wird.
Schweizer und Briten im selben Boot
Warum sind diese Verhandlungen so zäh? Klar, da ist das Gezanke rund um den Fisch, aber das viel substanziellere Problem ist ein anderes, und es ist den Schweizern nur allzu bekannt: Souveränität.
Zwar ist die Ausgangslage der Schweiz und Grossbritannien sehr unterschiedlich, da sich die Briten im Gegensatz zu den Schweizern in einer Art Scheidungsprozess befinden, und die Schweizer durch die Anbindung an den Binnenmarkt eine engere Beziehung zur EU haben, als es die Briten anstreben.
Dennoch haben sie nun zwei gemeinsame Streitpunkte mit der EU. Erstens: Das Thema Rechtsübernahme im Zusammenhang mit den fairen Wettbewerbsbedingungen und zweitens das Thema Streitschlichtung.
Johnson steht in der Ecke
Die letzten Tage definierten britische Medien Begriffe wie «dynamische Rechtsübernahme», «Ausgleichsmassnahmen», oder «Schiedsgericht». Worte also, die auch in der Schweiz in den unzähligen Debatten rund um das Rahmenabkommen immer wieder fallen.
Die Schweiz und Grossbritannien teilen in gewisser Weise den Wunsch nach Souveränität, dies bestätigen auch die Verhandlungsexperten der ETH, Michael Ambühl und Daniela Scherer. Doch in der Schweiz findet über weite Teile eine konstruktive Debatte über die Priorisierung der Souveränität oder umgekehrt der wirtschaftlichen Vorteile statt.
Nicht so in Grossbritannien. Eine Debatte mit Wirtschaftsvertretern hat nicht stattgefunden. Stattdessen verspricht Boris Johnson seit vier Jahren vollmundig die absolute Souveränität, und damit hat er sich selber in eine Ecke manövriert, aus der er nur schwer wieder herauskommt. Denn jedes wirtschaftliche Abkommen, das ist in der Schweiz bestens bekannt, fordert auch gewisse Eingeständnisse und die Einhaltung von Regeln.
Ein gutes Zeichen
In diesen Stunden und Tagen wird im Verhandlungsraum also nach kreativen Lösungen gesucht für die Ausgestaltung der Rechtsübernahme. So, dass die EU ihren Binnenmarkt schützen kann und Johnson dennoch von Souveränitätsgewinn sprechen kann. Der heutige Tag ohne «Action» wird dabei von vielen als gutes Zeichen gewertet, es heisst, dass in den letzten Stunden zumindest einige kreative Ideen auf den Tisch gekommen sind.