Darum geht es: Ein Gartenfest während des Lockdowns im vergangenen Mai bringt den britischen Premier Boris Johnson immer stärker in Bedrängnis. Am Mittwoch gab er zu, an dem Fest teilgenommen zu haben und entschuldigte sich. Gleichzeitig hielt er fest, es habe sich um ein Arbeitstreffen gehandelt, was nach damals geltenden Regeln zulässig gewesen wäre. Diese Interpretation Johnsons ist einigermassen abenteuerlich – im Vereinigten Königreich herrscht Einigkeit darüber, dass sein Verhalten damals nicht Corona-konform war.
Deshalb könnte es für Johnson eng werden: Im Gegensatz zu früheren Affären und Skandalen musste Johnson diesmal zugeben, dass er sich nicht an die Regeln gehalten hatte. Er hat sich also eines Vergehens schuldig gemacht, für das viele Britinnen und Briten in den vergangenen zwei Jahren gebüsst worden sind. Die Stimmung in der konservativen Partei von Johnson ist deshalb mies. Die vielen Skandale im letzten Jahr rund um Johnson wird vielen Abgeordneten langsam zu viel. Viele von ihnen kommen zunehmend zum Schluss, dass Johnson für die Tories ein Risiko darstellt – und damit für die künftigen Wahlaussichten. Entsprechend befindet sich Johnson in der schwersten Krise seit Beginn seiner Amtszeit im Juli 2019.
So wurde die Entschuldigung aufgenommen: Viele Britinnen und Briten sind empört über Johnson. In den Medien kommen viele Angehörige von an Covid Verstorbenen zu Wort, die sich von diesen wegen der Coronaregeln nicht richtig verabschieden konnten – während die Regierung fröhliche Gartenpartys feierte. So entsteht der Eindruck, die Regeln gälten bloss für andere, aber nicht für Johnson und seine Leute. Die Leute sehen sich in ihrem Bild der Politiker als abgehobene Klasse bestätigt, die sich nicht um das Normalvolk kümmert.
Darum ist die Sache noch nicht ausgestanden: Zahlreiche Tory-Abgeordnete – auch einflussreiche Parlamentarier – stehen mittlerweile offen hin und fordern Johnsons Rücktritt. Zudem läuft derzeit eine Untersuchung, die insgesamt sieben Feste im Regierungsviertel während des Lockdowns unter die Lupe nimmt. Die Ergebnisse sollen nächste Woche veröffentlicht werden – und sie werden für das weitere politische Schicksal Johnsons eine wichtige Rolle spielen. Sollte die Untersuchung zum Schluss kommen, der Premier habe den Ministerialcode gebrochen, werden viele Tories das Vertrauen in Johnson verlieren. Dann dürfte es für ihn sehr eng werden.