Um was geht es? Auf Dutzenden Seiten erfahren die Menschen in Schweden in der Broschüre, wie sie sich im Ernstfall zu verhalten haben. Daneben gibt es viele Hinweise, wie zum Beispiel die Bevölkerung gewarnt wird, wie SRF-Skandinavienkorrespondent Bruno Kaufmann erklärt. «Informiert wird im Krisenfall aber auch, was jede und jeder tun kann, um sich vorzubereiten, sprich zum Beispiel Lebensmittellager und Wasservorsorge anzureichern.» Und dann gibt es auch Informationen, die kritisiert werden.
In der Broschüre wird zum Beispiel auch die Möglichkeit eines Angriffes mit Kernwaffeneinsatz erwähnt. Hier rät die Broschüre, dass man sich schützen kann, indem man in einen Schutzraum geht und nach zwei, drei Tagen dann die Gefahr nicht mehr so gross ist. Das wird natürlich von vielen als verharmlosend gesehen.
Was ist neu? Die Broschüre ist immer wieder publiziert worden. Aber im Vergleich zur letzten Broschüre von 2018 hat es einen Wechsel gegeben, wie Kaufmann weiss: Das Paper ist doppelt so dick, 30 statt 15 Seiten. Und vor allem ist auch der Fokus nicht mehr auf irgendwelche Krisen oder auch Terroranschlägen gesetzt, sondern auf Krieg und einen möglichen Angriff. «Hier wird früh erwähnt, dass wenn Schweden angegriffen wird, wird das Land nie aufgeben.» Jede Mitteilung oder Information, dass Schweden den Widerstand aufgebe, sei eine Falschinformation. Dies steht in der Broschüre.
Was will man vermitteln? «Die Broschüre ist ein klares Zeichen an die Bevölkerung, dass sich auch die Menschen in einem Land, das über 200 Jahre lang keinen Krieg erlebt hat, wieder wärmer anziehen müssen,» erklärt Skandinavienexperte Kaufmann. Dass es Krisen und Katastrophen geben könne, aber eben auch die Möglichkeit eines bewaffneten Konfliktes, sprich eines Angriffs auf Schweden. Die Broschüre zeigt einmal mehr, dass in Schweden die Politik und die Regierung sehr trendbewusst ist. «Das heisst, man neigt zu extremen Reaktionen» schlussfolgert Kaufmann.
Es ist tatsächlich eine ernste Situation, in der sich nicht nur Schweden, sondern ganz Europa und auch der Ostseeraum befindet.
Wie sind die Reaktionen? Die Bevölkerung nimmt das sehr ernst. «Es ist tatsächlich eine ernste Situation, in der sich nicht nur Schweden, sondern ganz Europa, aber gerade auch der Ostseeraum befindet,» erklärt Kaufmann. Hinzu kommt, dass Schweden in den letzten Jahren mit Bedrohungen von innen – Bandenkriminalität – wie auch von aussen konfrontiert ist. «Kaliningrad, die russische Enklave, ist wenige 100 Kilometer vom schwedischen Festland entfern,» so Kaufmann. Sehr viele Schwedinnen und Schweden sind diesbezüglich sensibilisiert.
Gibt es ähnliche Broschüren in den Nachbarländern? Ja, gibt es. Diese könne man durchaus mit derjenigen aus Schweden vergleichen, bezüglich der Bereitschaft, Vorsorge zu treffen. Die Broschüren sind aber viel weniger vergleichbar, wenn es darum geht, vor einem Krieg zu warnen. Finnland änderte auch nach dem Nato-Beitritt seine Sicherheitspolitik nicht, da es als Nachbar Russlands in der Geschichte immer wieder mit der Aggressivität Russlands konfrontiert ist. In Norwegen ist die Lage noch mal ein bisschen anders, weil man dort seit 1949 der Nato angehört, sich also diesem System seit Jahrzehnten zugehörig fühlt. Zudem sind viele Teile Norwegens weiter weg von Russland. «Jedes Land hat so seine Besonderheiten und das macht man natürlich dann auch deutlich in dieser Art von Behördeninformation.»