Ministerpräsident Daniel Günther holt ganz im Norden zwischen Ost- und Nordsee einen haushohen Sieg, der sich seit Wochen abzeichnete. Günther hat mit einer ebenso einfachen wie CDU-typischen Botschaft das Rennen gemacht: Ich bin das Programm.
Doch der 48-Jährige konnte nicht nur mit seiner nahbaren Art überzeugen. Auch seine Politik fand bis tief in die Reihen der Grünen-Anhängerinnen und -Anhänger Anklang. Sein Corona-Kurs galt als verantwortungsvoll. Aber Daniel Günther steht vor allem auch für einen pragmatischen, liberalen Stil des Ausgleichs.
Zwar galt er einst als Scharfmacher. In der Regierung ist es ihm dann gelungen, die schwierige Konstellation eines Dreierbündnisses aus CDU, Grünen und FDP (sog. Jamaika) zu moderieren und ohne öffentlich vernehmbaren Streit alle drei Parteien glänzen zu lassen. Diese neue Politik, die über die Parteigräben hinweg Brücken baut, hat viele überzeugt.
Jamaika ist wohl Geschichte
Das Koalitions-Experiment in Kiel wurde nicht abgewählt – es war quasi zu erfolgreich. Die CDU wird so stark, dass sie künftig nur noch eine Partnerin zum Regieren braucht, auch wenn sie die Dreierkoalition nach wie vor hochhält. Nur, welche Partei will schon das fünfte Rad am Wagen sein?
Die CDU kann nun unter mehreren Parteien wählen, insbesondere FDP und Grünen. Letztere haben stark zugelegt und die SPD auf dem zweiten Platz abgelöst. Genau, die SPD: Wo bleibt sie eigentlich? Die Frage haben sich auch im Wahlkampf viele gestellt, denn sie ist mit einem völlig unbekannten Kandidaten angetreten und erleidet nun einen historischen Absturz. Der AfD droht, gemäss Prognosen, den Einzug ins Kieler Parlament nicht wieder zu schaffen.
Schwarz-Grün wäre nur eine von mehreren Optionen und sie wäre eine Chance. Denn mit den Grünen in der Regierung konnte Schleswig-Holstein, ein Land mit viel Wind und Fläche, seiner Vorreiterrolle bei den erneuerbaren Energien in den letzten Jahren gerecht werden. Dieser Kurs ist – das zeigt der Ukraine-Krieg – gefragter denn je, um von den fossilen Energien unabhängig zu werden und die Transformation zur Klimaneutralität zu schaffen.
Günther empfiehlt sich für die CDU der Zukunft
Friedrich Merz tut gut daran, diesen Sieg nicht als den seinen zu verbuchen. So sehr er sich über den CDU-Erfolg freuen kann, Daniel Günther könnte ihm noch zum Konkurrenten erwachsen. Er ist über Schleswig-Holstein hinaus beliebt in der CDU und steht schon allein aufgrund des Alters für eine jüngere, modernere Partei.
Dass diese noch immer tief gespalten ist, geht neben den öffentlichkeitswirksamen Auftritten von Friedrich Merz leicht vergessen. Es wird sich spätestens dann wieder zeigen, wenn es um die nächste Bundestagswahl geht.
Der Showdown kommt erst
Längst richten sich alle Augen auf Nordrhein-Westfalen, das bevölkerungsreichste Bundesland, wo nächsten Sonntag gewählt wird. Dort muss dann auch für Friedrich Merz ein Sieg her, will er keinen Rückschlag erleiden. Schliesslich arbeitet er noch immer daran, der grössten Oppositionspartei ein starkes Profil zu verpassen.
Das Rennen zwischen CDU und SPD verspricht knapp zu werden. Sollte die Wahl am 15. Mai für die CDU verloren gehen, dann würde der heutige Sieger Daniel Günther im kleinen Schleswig-Holstein nur noch mehr strahlen.