In Rastatt gibt es nicht viel zu sehen. Das finden auch die Einheimischen: «Als ich vor 35 Jahren aus der Grossstadt Karlsruhe nach Rastatt kam, war es eine langweilige Stadt. Sie ist es heute noch», sagt ein Passant.
Aber der Stadt geht es gut. Dank vieler Industrieunternehmen und eines grossen Werks von Mercedes-Benz fliesst genug Steuergeld in die Kasse. Und dann ist Rastatt eben ein zentraler Knotenpunkt auf dem Bahn-Korridor zwischen Nord und Süd.
Jetzt aber geht gar nichts mehr. Ein Passant meint, ihm sei das bisher gar nicht bewusst gewesen. «Dass wir so wichtig sind, spüren wir erst jetzt», sagt auch eine Frau. «Die Stadt kann ja eigentlich nichts dafür», meint eine andere Frau.
Eine lokale Panne mit internationalen Folgen
Der gesamte Nord-Süd-Korridor soll künftig mindestens viergleisig sein. In Rastatt ist das noch nicht der Fall, daher wollte man unter den bestehenden zwei Gleisen einen vier Kilometer langen Tunnel bohren, um darin zwei neue Gleise für Schnellzüge und Güterzüge zu bauen.
Kurz vor dem Durchbruch hat dann aber aus bisher unbekannten Gründen der Boden nachgegeben. Die zwei bestehenden Gleise über dem Tunnel wurden beschädigt und können seither nicht mehr befahren werden.
Die Güterzüge müssen auf spärlich vorhandene Ausweichrouten umgeleitet werden. Wo es schnell gehen muss, werden Lastwagen eingesetzt. «Die Strasse ist zu, die Autobahn ist zu: Wenn sie heute nach Rastatt fahren, dann ist das ein Drama», sagt ein Passant.
Mit dem Bürgermeister auf der Unfallstelle
Mit dem Rastatter Bürgermeister Wolfgang Hartweg besuchen wir die Unglücksstelle. Ganz ran dürfen wir nicht, die Bauarbeiter weisen uns zurück und zeigen sich auch wenig beeindruckt von der Politprominenz.
Erste Priorität sei, den Güterverkehr wieder durch die Schweiz rollen zu lassen, sagt Hartweg. Damit das wieder möglich ist, wird der Tunnel nun mit Beton aufgeschüttet.
«Wir haben schon damit begonnen. 2000 Kubikmeter wollen sie reinpressen. Die Bohrmaschine können wir nicht mehr rausholen. Sie wird drinbleiben.» Wie lange das dauert, könne er noch nicht sagen, meint der Bürgermeister.
Ist das 700-Millionen-Projekt in Rastatt nun gefährdet? «Ich hoffe nicht und ich glaube nicht. Das wäre ja schlimm, daher werden wir weitermachen.»
Wer aus Basel in den Norden reisen will, muss zurzeit Umwege in Kauf nehmen. Um rund eine Stunde verlängert sich die Reise damit. Anders als im Güterverkehr sind die Probleme im Personenverkehr offenbar weniger gravierend.
Etwas Positives habe die ganze Sache aber, sagt der Bürgermeister zum Schluss: «Rastatt ist jetzt in aller Munde.»