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Chinas Technologiestreben Eine ruppige Autofahrt in einem selbstfahrenden Taxi in Wuhan

Im Rennen, wer zuerst serienmässig selbstfahrende Autos auf die Strasse bringt, gibt China mächtig Gas.

In der zentralchinesischen Stadt Wuhan sorgen autonome Taxis ganz ohne Fahrer für Wirbel. Auf Social Media sind etwa Videos von Fahrzeugen viral gegangen, die vor einem Plastiksack am Boden stehen bleiben und so Staus verursachten. Auf den ersten Blick sind die Fahrzeuge kaum erkennbar. Aber der zylinderförmige Sensor auf dem Dach und eine digitale Anzeige verraten das sonst normal aussehende Auto als autonomes Taxi.

Blick aus einem Auto auf eine Kreuzung mit Bus.
Legende: In China sind in rund einem Dutzend Städten autonome Taxis unterwegs. SRF / Samuel Emch

Wer ins menschenleere Auto einsteigt, wird von einer Computerstimme begrüsst und sofort aufgefordert, sich anzuschnallen. Vorher macht das Taxi keinen Wank. Automatisch setzt das Fahrzeug dann den Blinker, das Steuerrad schlägt wie von Geisterhand ein und los geht's.

Taxi versteht Handzeichen nicht

Rund 400 solche selbstfahrenden Taxis sind derzeit in Wuhan unterwegs. Eines zu buchen, ist nicht ganz einfach. Per App können sie nur an bestimmte Abholpunkte bestellt werden.

Allerdings ist nicht garantiert, dass eines kommt. Zumindest nicht in nützlicher Frist. Eine halbe Stunde und mehr kann das Warten dauern. Dies in einer Stadt, in der ein normales Taxi innert wenigen Minuten bestellt werden kann.

Weisses Auto auf einer städtischen Strasse geparkt.
Legende: Der Technologiekonzern Baidu will seine Flotte von 400 selbstfahrenden Taxis in Wuhan weiter ausbauen. SRF / Samuel Emch

Besonders in den Anfängen machten die Robotaxi Schlagzeilen. Dies wegen nicht nachvollziehbaren Manövern. Scharfe Bremsungen haben schon manchen Fahrgast durchgeschüttelt.

Just kreuzt eine Fussgängerin die Strasse. Sie winkt allerdings, dass wir durchfahren sollen. Das selbstfahrende Auto erkennt das Handzeichen nicht und bremst.

Navigationsbildschirm im Auto mit virtueller Strasse.
Legende: Die Steuerung verbessert sich zwar, aber die autonomen Taxis lassen sich noch regelmässig von anderen Verkehrsteilnehmenden irritieren. SRF / Samuel Emch

Erst als die Frau realisiert, dass kein Fahrer am Steuer sitzt, macht sie ein paar Schritte zurück und der Wagen fährt weiter. Das Auto hinter uns reklamiert lautstark. 

Günstige Fahrten

In rund einem Dutzend Städte in China gibts bereits autonome Taxis. Meist sind sie in einzelnen Quartieren unterwegs. In Wuhan indes zirkulieren sie in einem grossen Teil der Stadt.

Der 20-minütige Trip, der sich wie eine Fahrt mit einem Lernfahrer im fortgeschrittenen Stadium anfühlt, kostet umgerechnet lediglich 1.50 Schweizer Franken. Im gewöhnlichen Taxi kostet die Strecke etwa das Dreifache.

Fahrtenabrechnung in einer Taxi-App mit Karte und Preisangaben.
Legende: Der Preis der Robotaxis wird zurzeit noch stark rabattiert und ist deutlich günstiger als normale Taxis. SRF / Samuel Emch

Wechsel in ein normales Taxi: Der Fahrer meint, die neue Konkurrenz sei schon sehr günstig, aber das sei nur in der Testphase so. Und er hängt an: «Die Regierung sieht ja, dass diese autonomen Taxis Probleme verursachen.»

Neben den Staus gebe es auch Unfälle. Dann sei jeweils nicht klar, wer verantwortlich sei. Die Gesetze dafür werden auf nationaler Ebene erst erarbeitet.

Taxibranche fürchtet sich

Derweil soll sich die Anzahl der fahrerlosen Taxis in Wuhan bald mehr als verdoppeln. Wie vielen in seiner Branche macht dies dem Taxifahrer Sorgen. Er meint, künstliche Intelligenz sollte nicht die Arbeitsplätze der einfachen Leute wegnehmen.

Die Zentralregierung in Peking jedoch setzt auf den technologischen Fortschritt. China soll Spitzenreiter werden, auch in dieser Zukunftstechnologie.

Globale Konkurrenz beim autonomen Fahren

Box aufklappen Box zuklappen

Weltweit konkurrieren vielen Firmen darum, als Erste ein verlässliches und erprobtes System für selbstfahrende Autos auf den Markt zu bringen. Es winkt ein sehr grosser Markt, sprich viel Geld. In den USA ist es allen voran der Google-Konzern Alphabet, der die Entwicklung vorantreibt.

Gemäss Matthias Heim, Experte für die Automobilindustrie bei SRF, gilt Alphabet als führend im Bereich des autonomen Fahrens. Allerdings sind direkte Vergleiche von chinesischen, amerikanischen und europäischen Firmen schwierig. Das liege an der Transparenz der Unternehmen, sagt Heim. So wisse man bei den chinesischen Konzernen nicht genau, wie weit sie effektiv mit der Entwicklung sind.

In der Schweiz gab es bislang erste Tests mit selbstfahrenden Bussen – in Sion etwa oder in Bern.

Heute Morgen, 08.10.2024, 6 Uhr

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