Im polnischen Kattowitz findet gerade die UNO-Klimakonferenz statt. Ausserhalb des Konferenzzentrums steht eine Jugendliche mit Zöpfen und spricht zu Demonstranten: «Drinnen wird viel über magische Maschinen geredet, die es gar nicht gibt. Und über das Fällen von Bäumen.» Greta Thunberg heisst die 15-jährige Schwedin, die in Ökokreisen berühmt geworden ist, weil sie fürs Klima immer wieder in den Schulstreik tritt.
Gretas Befürchtungen haben einen realen Hintergrund. Ohne magische Maschinen, die Treibhausgase aus der Luft holen, werde die Klimaerwärmung nicht mehr rasch genug zu bremsen sein, sagt der Klimaforscher Jan Minx. Das hätten Wissenschaftler vor kurzem erst erkannt: «Es ist eine riesige Herausforderung und wir sind spät dran. Uns bleibt nichts anderes übrig, als uns zu beeilen.»
CO2 in den Untergrund verbannen
Wie schwierig das werden könnte, zeigt die sogenannte CCS-Technologie. Sie soll bei Kohle- oder Gaskraftwerken CO2 schon im Abgasstrom abfangen. Das CO2 würde dann in den Untergrund gepresst und gespeichert. Polen, Gastgeber der Klimakonferenz, würde sehr gerne auf CCS setzen, weil es viele Kohlekraftwerke besitzt, sagt der polnische Professor Krzysztof Stańczyk.
Es habe bereits Versuche gegeben, aber die Bevölkerung neben der Testanlage habe sich gewehrt. Sie befürchtete, das eingelagerte CO2 würde aus dem Boden lecken. Die Tests mussten gestoppt werden. Und es gebe weitere Probleme mit CCS, sagt Stańczyk: «Ein grosses Kraftwerk produziert so viel CO2, dass die Industrie bisher keine so grossen CCS-Anlagen hat produzieren können.» Ein Grund dafür sind die hohen Kosten.
Ambitionierter Klimaschutz und die Entwicklung dieser Technologien – das darf kein Widerspruch sein.
Die heissersehnte CCS-Technologie ist also noch lange nicht einsatzbereit. Trotzdem soll sie in Zukunft nicht nur Kraftwerke sauber machen, sondern sie ist auch das Kernstück für ein Verfahren, um CO2 sogar aus der Atmosphäre zu entfernen. Dazu verbrennt man Bäume in einem Elektrizitätswerk, das mit CCS ausgerüstet ist. Das CO2, das diese Bäume aus der Luft aufgenommen haben als sie gewachsen sind, wird dank CCS also im Boden gespeichert.
Unglücklicherweise könnte dieses so genannte BECCS-Verfahren enorme Nachteile haben, sagt Klimaforscher Minx: «Die grössten Risiken sind die, die mit der grossflächigen Landnutzung verbunden sind.» Das heisst: Dafür müssten riesige Waldplantagen gepflanzt werden. Schätzungen gehen von der Fläche Australiens aus.
Dies würde die Landwirtschaft stark konkurrenzieren und damit die Produktion von Nahrungsmitteln. Trotzdem müsse die BECCS-Technik nun mit Hochdruck erforscht werden, sagt Minx: «Wenn man die Technologien 2050 grossskalig verfügbar haben will, sind wir sehr, sehr spät dran.»
Blindes Vertrauen in die Wissenschaft?
Kritiker dieser technologischen Ansätze befürchten, dass eine Forschungsoffensive dazu führt, dass alle Länder noch weniger Treibhausgase reduzieren als bisher, weil sie lieber auf die BECCS-Technik setzen. Doch für solche Bedenken sei es zu spät, sagt Minx.
Es brauche beides: stärkere CO2-Reduktionsmassnahmen und die neuen Technologien: «Ambitionierter Klimaschutz und die Entwicklung dieser Technologien – das darf kein Widerspruch sein. Wenn das ein Widerspruch ist, bin ich extrem pessimistisch, dass das 1,5- oder auch das 2 Grad-Ziel erreicht wird.»
Es wird der mutigen Schulstreikerin Greta Thunberg gar nicht gefallen, aber wir werden wohl auf die magischen Maschinen setzen müssen.