Die Schweiz liegt im neusten internationalen Klimarating auf Platz neun. Die gute Platzierung täuscht: Für das Rating wird nur der CO2-Ausstoss berücksichtigt, der im Land selber anfällt.
Jene Klimagase, die im Ausland bei der Herstellung von Importprodukten anfallen, werden nicht berücksichtigt. Ebensowenig der Flugverkehr. SRF-Korrespondent Klaus Ammann – er ist derzeit an der Klimakonferenz in Kattowitz – erklärt die Hintergründe.
SRF News: Länder wie Schweden, Marokko oder Litauen sind im neusten Klimarating vor der Schweiz platziert. Was machen diese Länder besser?
Klaus Ammann: Die meisten von ihnen haben in den letzten Jahren deutlich mehr Sonnen- und Windkraftwerke gebaut als die Schweiz. Auch befolgen sie eine strengere Klimapolitik, insbesondere im Verkehrs- und Transportbereich.
Hat die Schweiz den guten neunten Platz im Ranking überhaupt verdient?
Sie hat seit dem letzten Ranking vor einem Jahr sogar drei Plätze gutgemacht. Grund dafür ist, dass pro Kopf in der Schweiz selber relativ wenig CO2 ausgestossen wird und das Ziel, den Treibhausgas-Ausstoss bis 2030 um 50 Prozent zu reduzieren, vergleichsweise ehrgeizig ist.
Das Klimarating berücksichtigt nur den Ausstoss an CO2 im Inland.
In Tat und Wahrheit würde die Schweiz in der Weltrangliste allerdings wesentlich weiter hinten liegen, wenn der CO2-Ausstoss präziser erfasst würde. Wieso das?
Das Klimarating bezieht sich nur auf den Ausstoss an Klimagasen jeweils im Land selber. Weil die Schweiz einen grossen Teil ihres Stromes aus Wasser- und Atomkraft produziert – also dafür eher wenig CO2 verursacht – steht sie recht gut da. Wenn man aber das ganze Bild betrachten würde, sähe die Lage der Schweiz völlig anders aus.
Im Bericht steht, die Schweiz importiere grosse Mengen von CO2-intensiven Produkten. Damit verursache sie mehr CO2 im Ausland als im Inland. Wie ist das zu verstehen?
Ein Teil dieser Produkte wurde früher in der Schweiz hergestellt, inzwischen wurde die Produktion jedoch ins Ausland verlagert und sie werden importiert. Und weil sie quasi für die Schweizer Bevölkerung im Ausland produziert werden, sind wir im Grunde genommen auch für den CO2-Ausstoss verantwortlich, der bei der Produktion anfällt.
Die Schweizer Bevölkerung verursacht im Ausland deutlich mehr CO2 als im Inland.
Hinzu kommt, dass der Flugverkehr im Klimarating nicht berücksichtigt wird. Weil kaum ein Volk pro Kopf so viel fliegt wie die Schweizer, wiegt das schwer. Im Ergebnis führt das dazu, dass die Schweizer Bevölkerung im Ausland deutlich mehr CO2 verursacht, als im Inland.
Aktuell debattiert das Parlament in der Schweiz über das CO2-Gesetz und die Umsetzung der Energiestrategie 2050. Macht die Schweiz im internationalen Vergleich genug fürs Klima?
So wie der Nationalrat die Vorlage beraten hat, ist sie im internationalen Vergleich recht ambitionslos. So soll das Reduktionsziel von minus 50 Prozent zwar beibehalten werden, allerdings gibt es keine Vorgabe, wie viel dieser Reduktion in der Schweiz selber vorzunehmen ist. Das Problem bei der CO2-Reduktion im Ausland ist, dass ihre Qualität sehr umstritten ist. Auch beim Verkehr setzt der Nationalrat bloss auf sehr schwache Massnahmen, ebenso wie im Gebäudebereich.
Was muss geschehen, dass die Schweiz in der Klimaschutz-Weltrangliste nach oben klettert?
Sie müsste eine strengere Klimapolitik machen, dabei auch den Verkehr angehen und die erneuerbaren Energien ausbauen. Wenn das alles nicht rasch geschieht, dann wird die Schweiz in diesem alljährlich erhobenen Ranking in Zukunft zurückfallen.
Das Gespräch führte Joël Hafner.