Nach dem Wahldebakel der rechtsnationalen Freiheitlichen letzten Herbst machte Heinz-Christian Strache eine unmissverständliche Ansage: «Ich stelle jegliche politische Aktivität ein und strebe auch kein Amt und keine politische Funktion mehr an.» Doch Skeptiker zweifelten schon damals an Straches Worten.
FPÖ-Höhenflug dank Strache
Strache hatte eine steile Karriere hingelegt. Er brachte die rechte FPÖ nach Jörg Haider auf einen hohen Stimmenanteil von 30 Prozent. In Umfragen im Frühling 2017 lag die Partei sogar an erster Stelle. Die FPÖ profitierte davon, dass die Konservativen unter Shootingstar Sebastian Kurz der Partei weit nach rechts entgegenkamen und sie in die Regierung einluden.
Strache wurde im Dezember 2017 Vizekanzler Österreichs. Dass er es so hoch hinauf schafft, hätte er sich wohl selbst nicht träumen lassen. Die Politik gegen Ausländer stand dabei weiter im Zentrum, doch Strache gab sich in Auftritt und Wortwahl staatsmännisch. «Wir haben den Menschen in Österreich zu dienen, dessen sind wir uns bewusst. Da ist auch Demut notwendig», sagte er nach Unterzeichnung der Koalitionsvereinbarung mit Kurz.
Der tiefe Fall mit der Ibiza-Affäre
Doch von diesen schönen Worten war nicht viel übrig, als Strache Amt und Karriere verspielte: Das berühmt-berüchtigte, heimlich gedrehte Video auf Ibiza brachte den Vizekanzler und seine Partei im Mai 2019 zu Fall.
In dem Video prahlte Strache «zack zack zack» damit, die halbe Republik zu verschachern, die Boulevardzeitung Krone zu verkaufen oder Wasser zu privatisieren. Er präsentierte sich dabei als ausgesprochen korruptionswillig. Er stürzte damit die Republik wenn nicht in eine Staats-, so doch in eine Regierungskrise. Am Ende gab es Neuwahlen, seine FPÖ war weg von den Hebeln der Macht.
Juristisch bleiben Abklärungen, doch moralisch steht fest: Straches Ibiza-Auftritt war verwerflich. Der Tiefpunkt der politischen Kultur in Österreich war erreicht. Es bleibt unvergessen, wie Präsident Alexander Van der Bellen die österreichische Seele zu trösten versuchte: «So sind wir nicht. So ist Österreich nicht», beschwor er seine Landsleute.
Anhänger halten weiter zu Strache
Viele FPÖ-Anhänger fanden das alles gar nicht so schlimm. Erst die Vorwürfe, sich mit Spesen bereichert zu haben, galten als parteischädigend. Und trotzdem bleibt ein harter Kern von Anhängern, die affärenresistent sind.
So hoffen manche jetzt, dass Strache bei den Wahlen im Herbst Bürgermeister in der Hauptstadt wird. Schliesslich ist es ist ein alter Traum Straches, das Wiener Rathaus zu erobern. Doch soweit wird es nicht kommen, auch wenn ihm Experten zutrauen, die Fünfprozent-Hürde mit seiner neuen Partei zu schaffen.
Damit wird Strache vor allem seinen ehemaligen Parteikollegen weh tun. Kamen sie gemeinsam 2015 noch auf 30 Prozent, so dümpelt die FPÖ aktuell bei nicht einmal zehn Prozent. Ex-Vizekanzler Strache winkt die Zukunft eines bedeutungslosen Lokalpolitikers. Da kann einer offenbar nicht sein ohne Politik.
Man darf gespannt sein, von wie viel Demut und Verantwortung der Wahlkampf zwischen den beiden verfeindeten rechten Lagern geprägt sein wird – und wo all die Stimmen landen, die in Wien einst zu den Freiheitlichen strömten.