- Der gewählte US-Präsident Joe Biden hat die Amerikaner vor dramatisch steigenden Todeszahlen in der Corona-Pandemie gewarnt und eindringlich zu Schutzmassnahmen aufgerufen.
- «Ich will niemandem Angst einjagen, aber verstehen Sie die Fakten: Wir werden zwischen jetzt und Januar wahrscheinlich weitere 250'000 Menschen verlieren», sagte Biden bei einer Online-Veranstaltung mit Mitarbeitern und Besitzern kleiner Unternehmen.
Biden machte keine Angaben dazu, worauf er seine Schätzung von 250'000 weiteren Toten begründet. Nach Statistiken der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore hat das Coronavirus seit Beginn der Pandemie mehr als 270'000 Menschen in den USA das Leben gekostet. Ein Modell von Forschern des Instituts IHME der Universität Washington rechnet im Fall gelockerter Schutzmassnahmen mit mehr als 502'000 Toten bis Ende Januar, im Fall schärferer Schutzmassnahmen mit mehr als 367'000. Dieses Modell wurde in der Vergangenheit auch mehrfach vom Weissen Haus angeführt.
Der Chef der Gesundheitsbehörde CDC, Robert Redfield, sagte bei einer Veranstaltung der US-Handelskammer: «Unglücklicherweise glaube ich, dass wir vor Februar in der Nähe von 450'000 Virus-Toten sein könnten.» Das sei aber nicht ausgemacht, sondern hänge davon ab, inwiefern sich die Amerikaner an Schutzmassnahmen hielten. «Die Realität ist: Dezember und Januar und Februar werden hart sein. Ich glaube sogar, dass es die schwierigsten Zeiten in der öffentlichen Gesundheitsgeschichte dieser Nation sein werden.»
Weisses Haus hält an Weihnachtsfeier fest
Im Amtssitz des scheidenden Präsidenten Donald Trump hält man trotz der CDC-Warnungen an Feiern über die Weihnachtstage fest, wie die Sprecherin des Weissen Hauses deutlich machte. «Wenn man Geschäfte plündern, Gebäude niederbrennen und protestieren kann, kann man auch zu einer Weihnachtsfeier gehen», sagte Kayleigh McEnany bei einer Pressekonferenz im Weissen Haus.
McEnany spielte darauf an, dass die Demokraten zwar öffentliche Veranstaltungen Trumps in der Pandemie kritisieren würden, nicht aber die – überwiegend friedlichen – Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt. Die Feiern würden verantwortungsvoll und mit Schutzmassnahmen abgehalten, betonte sie. Trump hat die Bedrohung durch das Virus immer wieder heruntergespielt.
Gesundheitsbehörde rät von Besuchen ab
Die Gesundheitsbehörde CDC rät von Reisen und Familienbesuchen rund um alle Feiertage im Dezember dringend ab. «Der beste Weg, sich selbst und andere zu schützen, ist, Reisen zu verschieben und zu Hause zu bleiben», sagte CDC-Mitarbeiter Henry Walke bei einer telefonischen Pressekonferenz. «Wir müssen dieses exponentielle Wachstum stoppen, und deswegen bitten wir die amerikanische Bevölkerung, Infektionen vorzubeugen und Reisen zu verschieben.» Bereits zu Thanksgiving in der vergangenen Woche hatte die CDC von Familienbesuchen und Reisen dringend abgeraten. Viele Menschen hielten sich jedoch nicht daran.
Die Zahl der Neuinfektionen in den USA war zuletzt weiter gestiegen, die Zahl der binnen 24 Stunden erfassten Corona-Toten erreichte am Dienstag mit 2597 einen neuen Höchststand seit Mitte April. Auch die Zahl der stationär behandelten Covid-19-Patienten ist in den USA auf einem Höchststand. Nach Angaben des Covid-Tracking-Project mussten landesweit erstmals mehr als 100'000 Patienten im Krankenhaus behandelt werden.