- Die chinesische Polizei hat mehrere Journalisten festgenommen, die über die Proteste gegen die chinesische Corona-Politik berichteten.
- Auch der Fernsehkorrespondent des Westschweizer Fernsehens RTS wurde unmittelbar nach seiner Live-Schaltung aufgefordert, die Polizisten auf den Polizeiposten zu begleiten.
- Zur Festnahme kam es nicht: Nachdem sich Peuker als Journalist ausgewiesen hatte, zogen die Polizisten weiter.
RTS-Korrespondent Michael Peuker, der am Sonntagabend in der Nachrichtensendung 19h30 live über die Ereignisse berichtete, sagte noch während der Schaltung, dass er nach seiner Rede verhaftet werden würde.
«Die Spannung hier ist auf dem Höhepunkt. Beweis dafür ist, dass ich jetzt von drei Polizeibeamten umgeben bin, ich werde nach diesem Duplex auf die Polizeistation abgeführt», erläuterte er in der Sendung.
Peuker und Kameramann nicht festgenommen
Entgegen Peukers Aussagen in der Live-Schaltung seien er und sein Kameramann nicht festgenommen worden, berichtete später Samuel Emch, SRF-Radio-Korrespondent für China und Nordostasien. «Nachdem er [Peuker] sich als Journalist ausgewiesen hatte, zogen die Polizisten von dannen, ohne ihn mitzunehmen». so Emch. So sitze Peuker jetzt unbehelligt, aber ziemlich müde neben ihm im Büro.
BBC-Reporter gewaltsam festgenommen
Anders als Peuker erging es dem britischen BBC-Reporter Ed Lawrence, der ebenfalls von den Protesten berichtete. Lawrence sei bei der Festnahme von Polizisten geschlagen und getreten worden, obwohl er als Journalist akkreditiert sei, schreibt die BBC. Erst mehrere Stunden später sei er wieder freigelassen worden.
Auch die deutsche ARD wurde durch die chinesische Polizei in ihrer Arbeit behindert. Die Leiterin des Peking-Studios der ARD, Tamara Anthony, schrieb auf Twitter, dass der grosse Polizeieinsatz die Live-Berichterstattung aus China in der Nachrichtensendung Tagesschau verhindert habe und auch alle Interviews gestört worden seien. «Ich habe noch nie so viele Polizisten gesehen», so Anthony.
«Medienschaffende nicht spezifisch im Visier»
China-Korrespondent Samuel Emch glaubt nicht, dass die chinesische Regierung bei den Protesten in den letzten Tagen spezifisch Medienschaffende ins Visier genommen habe. «Das habe ich und andere nicht so wahrgenommen», sagte er gegenüber Radio SRF.
Dass Journalistinnen und Journalisten drangsaliert und bei ihrer Arbeit behindert würden, das sei nichts Neues in China; Schläge und physische Gewalt gegen den BBC-Kollegen allerdings schon.
Grösste Proteste seit Jahrzehnten
In der Volksrepublik hat die strenge Corona-Politik am Wochenende zu den grössten Protesten seit Jahrzehnten geführt. Nicht nur in Schanghai, auch in der Hauptstadt Peking und anderen Millionenstädten gingen Demonstranten zu Hunderten auf die Strassen.
Der Unmut im Volk richtet sich gegen die strengen Massnahmen wie wiederholte Lockdowns, Massentests und Zwangsquarantäne. Unter dem jetzigen Staats- und Parteichef verfolgt die Volksrepublik eine strikte Null-Covid-Strategie, die jedes lokale Aufflammen des Virus mit rigiden Abschottungsmethoden einzudämmen versucht.