Vor einer Woche stand der oberste Arzt der US-Regierung, der Afroamerikaner Jerome Adams, im Weissen Haus vor die Medien und holte sein Asthma-Spray hervor.
Er trage diesen seit 40 Jahren mit sich herum, weil er Angst vor einem tödlichen Anfall habe, sagte Adams. Er hoffe, dass ihn nun ein schwarzer Junge am Fernsehen sehe und merke: Auch er könnte dereinst Karriere als nationaler Chefarzt machen.
Asthma, Bluthochdruck, Diabetes
Gesundheit ist in den USA auch eine Frage der Hautfarbe. Afroamerikanische Kinder leiden doppelt so oft an Asthma wie weisse Kinder. Auch Bluthochdruck oder Diabetes trifft Schwarze und Latinos schon im jungen Alter stärker. Das alles ist erforscht und bekannt. Bekannt ist auch, dass diese Vorerkrankungen den Verlauf von Covid-19 verschlimmern können.
Doch als die ersten Corona-Opferzahlen bekannt wurden, waren sogar Gesundheitsexperten schockiert. In Louisiana sind fast 70 Prozent der Corona-Todesopfer schwarz – bei einem Bevölkerungsanteil von gut 30 Prozent. Ähnliche Zahlen wurden aus Chicago und Milwaukee rapportiert.
Illegale besonders gefährdet
Covid-19 widerspiegle die Ungleichheiten in den USA, sagt auch die Sozial-Epidemiologin Sharelle Barber: Besonders hohe Opferzahlen finde man in den segregierten Städten. Oder in Städten mit vielen illegalen Immigranten wie im stark betroffenen New Yorker Stadtteil Queens. Illegale würden sich nicht testen lassen, aus Angst abgeschoben zu werden.
Die Corona-Pandemie widerspiegelt die sozialen und ethnisch bedingten Ungleichheiten.
Viele arbeiten in exponierten Tieflohn-Jobs
Die hohe Sterblichkeit bei Schwarzen und Latinos führt Sharelle Barber auf zwei Hauptgründe zurück: Viele der sogenannt essenziellen Jobs im öffentlichen Verkehr, in Spitälern oder Supermärkten würden von Minderheiten verrichtet. Sie würden sich damit einem höheren Ansteckungsrisiko aussetzen.
Zudem sei die Gesundheitsversorgung für Schwarze und Latinos in den USA immer noch nicht gewährleistet. Zwar sind die Covid-19-Tests gratis. Aber die Frage sei, ob die positiv Getesteten in Behandlung gehen würden. Sie könnten sich die Pflege oft einfach nicht leisten.
Grundversorgung der Minderheiten sicherstellen
In der Corona-Krise haben über 20 Millionen Arbeitnehmer ihre Stellen verloren und damit auch häufig ihre Krankenversicherung – und das mitten in einer Pandemie. Hinzu kommt, dass 14 Bundesstaaten darauf verzichtet haben, das soziale Gesundheitssystem unter Obamacare auszubauen. Diese Bundesstaaten müssten dies als Krisenmassnahme nun sofort nachholen, fordert Sozial-Epidemiologin Barber.
14 meist südliche US-Bundesstaaten haben Medicaid nicht ausgeweitet. Das müssen sie jetzt tun.
Eine rasche Öffnung der US-Wirtschaft, wie sie US-Präsident Donald Trump anstrebt, hält sie im Moment noch nicht für angebracht. «Das zu tun, ohne eine medizinische Grundversorgung für die Minderheiten gewährleisten zu können, wäre schlicht fahrlässig», sagt Barber.