Der Gouverneur von New York, Andrew Cuomo, überbringt für einmal zuerst eine gute Botschaft. Die Lockdown-Massnahmen würden greifen, sagte er. Die Hospitalisierungsrate nehme seit drei Tagen leicht ab. Es gibt jeden Tag mehr Covid-19-Kranke in den New Yorker Spitälern, aber die Zunahme ist bloss noch bei rund zwei Prozent. Die Epidemie-Kurve scheine an einem Höhepunkt zu verharren, sagt Cuomo.
Und dann kommen die schlechten Neuigkeiten. 779 Corona-Kranke starben am Dienstag in New York, insgesamt sind es nun fast 6300, fast doppelt so viele wie bei den 9/11-Anschlägen. In der Stadt New York ist das Coronavirus nicht mehr abstrakt. «Der Schmerz ist überall, so viele von uns kennen ein Epidemie-Opfer», sagt der Bürgermeister von New York City, Bill de Blasio.
Realität ist alles andere als entspannt
Der Druck auf die Spitäler ist etwas geringer als erwartet, das Notspital der US-Regierung auf Manhattan und das Navy-Spitalschiff sind derzeit nicht ausgelastet. Gewisse grosse Spitäler berichten sogar von sinkenden Patientenzahlen. Viele arbeiten aber bereits auf doppelter Kapazität.
Und doch: Die Realität in manchen der über 60 Notaufnahmen in New York ist alles andere als entspannt. Der junge Notfallmediziner Calvin Sun arbeitet selbstständig im Tageslohn für verschiedene Notaufnahmen, wo das Personal knapp ist. Er arbeitet seit einem Monat unter Hochdruck. Jede Woche fühle sich schlimmer an.
Patienten sterben im Wartezimmer
Jeder Tag sei für ihn der Höhepunkt der Epidemie, sagt Sun gegenüber Radio RTS. Nur für die Triage müssten die Patienten zwölf Stunden in den Warteraum und 80 Stunden auf ein Spitalbett. Und dann habe es einen Herzstillstand nach dem anderen gegeben, in der Notfallaufnahme, und vor kurzem sei ein Patient im Wartezimmer gestorben.
Ihm würden Patienten übergeben, die bereits gestorben seien, sagt Sun. Das System sei schon lange zusammengebrochen. Dass Patienten im Wartezimmer sterben würden, sei doch nicht normal. Der Notfallmediziner lebt in ständiger Angst vor Ansteckung. New Yorker Spitäler berichten von Dutzenden, ja, Hunderten Pflegepersonen, die sich angesteckt hätten. Es sei wie ein Krieg, in den man jeden Tag ziehe, mit dem hohen Risiko verletzt zu werden.
Dass die Statistik einen Hoffnungsschimmer bringt, und vielleicht ein Worstcase-Szenario in New York mit über Hunderttausend gleichzeitig Erkrankten verhindert werden kann, freut Sun. Er hoffe, man könne nächste Woche sagen, New York habe überreagiert, man habe zu viel Beatmungsmaschinen bereitgestellt. Er wünsche sich das.