Etliche Kreuzfahrtschiffe irren derzeit durch die Weltmeere und warten auf die Einfahrerlaubnis in die Häfen – allein vor Australien ankert eine ganze Flotte von Schiffen. Dort ist die Situation zu einem Politikum geworden (siehe Box). Die Kreuzfahrtschiffe können nicht anlegen, weil viele Länder ihre Einreisebeschränkungen verschärft haben. In manchen Ländern, darunter Panama und Australien, wurden Schiffe bereits evakuiert oder teilevakuiert. Viele Cruiser-Unternehmen haben alle Fahrten abgesagt. Die deutsche Niederlassung der MSC hat ihren Flottenbetrieb bis 29. Mai eingestellt.
Doch eine hohe Zahl Menschen sitzen derzeit auf den Schiffen fest. Wie viele Passagiere und Besatzungsmitglieder weltweit das Festland momentan nicht betreten können, ist schwer zu beziffern. Doch allein die britisch-US-amerikanische «Carnival Cooperation», das grösste Kreuzfahrtunternehmen der Welt, meldet 6000 Passagiere, die man versucht, nach Hause zu bringen. Auf der Holland America Line sind es nach Angaben der Reederei noch etwa ein Dutzend Schiffe mit insgesamt 9000 Passagieren.
Das Eidgenössische Aussendepartement (EDA) bestätigt auf Anfrage: 423 Schweizer Passagiere stecken zurzeit noch auf Kreuzfahrtschiffen fest. Die Behörden stünden in engem Kontakt und versuchen in Zusammenarbeit mit den Reedereien, die Passagiere sicher in ihre Heimat zurückzuholen.
Crewmitglieder müssen mit weniger Lohn auskommen
Doch auch die bereits evakuierten Schiffe sind noch unterwegs – zwar ohne Passagiere, dafür aber mit der Crew. Tausende Besatzungsmitglieder müssen an Bord bleiben – zum Teil ohne Bezahlung.
Eine Schweizerin, die auf einem Schiff der TUI Cruises arbeitet, bestätigt gegenüber SRF: Sie bekomme nur noch die Hälfte ihres Lohnes. Ansonsten sei die Stimmung an Bord jedoch ungetrübt. «Die Crew kann neben täglichen Arbeiten, die an Deck anfallen, am Freizeitprogramm teilnehmen», sagt sie. Von der ganzen Coronavirus-Krise merke man auf hoher See wenig bis gar nichts. Die Passagiere seien schon vor zwei Wochen evakuiert worden, seither versuche das Schiff, in einem Hafen anzulegen.
In einem Youtube-Video gibt «Aida-Perla»-Kapitän Boris Becker Einblick in das passagierlose Leben auf hoher See: So werden das Deck und die Infrastruktur gerade intensiv gereinigt und gewartet. Die Crew nutze die Freizeit für Weiterbildung, Deutschkurse oder Unterhaltungsprogramm.
«Zandaam» darf endlich anlegen
Die Odyssee des vom Coronavirus betroffenen Kreuzfahrtschiffes «Zaandam» ist nach Tagen des Tauziehens vorbei. Die «Zaandam», die seit dem 7. März unterwegs ist, durfte nun im Hafen von Fort Lauderdale in Florida anlegen. Auf dem Schiff waren mehrere Passagiere positiv auf das Coronavirus getestet worden, vier Personen sind verstorben. Auch das Schwesterschiff «Rotterdam» legte in dem Hafen an. Die Passagiere durften das Schiff bisher nicht verlassen, Ärzte sind an Bord.
Beide Schiffe haben zusammen rund 2500 Passagiere und Besatzungsmitglieder an Bord. Auf der «Zaandam» waren ursprünglich auch zehn Schweizer – die meisten von ihnen wurden auf die «Rotterdam» verlegt, auf der es keine positiv auf das Virus getesteten Passagiere geben sollte.
Während es auf der «Zaandam» vor allem darum geht, die Infizierten möglichst schnell zu behandeln und das Schiff zu evakuieren, bleibt den Covid19-freien Schiffen wohl nur das Warten. «Eigentlich geht es uns hier draussen auf dem Meer gut», sagt die Schweizer Mitarbeiterin auf dem TUI-Schiff. «Hier sind wir freier als zu Hause in der Schweiz.»