Bei der Bekämpfung des Virus setzte die griechische Regierung von Anfang an auf eine enge Zusammenarbeit mit der Wissenschaft. Der Infektiologe Charalampos Gogos, Leiter der Abteilung für Innere Medizin der Universität Patras, ist einer dieser Experten. Der schnell auferlegte Lockdown habe geholfen, die Infektionskurve flach zu halten. Griechenland habe somit wertvolle Zeit gewonnen und das öffentliche Gesundheitssystem auf die Pandemie vorbereitet.
«Das gesamte Personal in den griechischen Krankenhäusern, in denen Covid-19-Patienten behandelt werden, wurde speziell geschult und auf einen Einsatz in der Intensivstation vorbereitet», sagt der Infektiologe. Die Plätze in den Intensivstationen seien auf etwa 1000 verdoppelt und spezielle Corona-Abteilungen eingerichtet worden. «Das ist ein wertvolles Erbe, falls es eine zweite Welle geben sollte.»
Es gibt aber auch Kritik an der Regierung. Viele der neuen Plätze in den Intensivstationen, auf die die Regierungen stolz sei, habe es bereits vorher gegeben, sagt etwa Ilias Sioras. Der 66-jährige Chefarzt ist Leiter der kardiologischen Abteilung des Athener Krankenhauses Evangelismos, eines der grössten Spitäler des Landes und im Vorstand der Vereinigung griechischer Krankenhausärzte.
Spitäler beklagen Personalmangel
«In unserem Krankenhaus hat die Zahl der Betten in der Intensivstation nicht zugenommen. Die 18 Betten, die für Corona-Patienten nun reserviert sind, gab es schon vorher», sagt Sioras. Sie seien aber aus Personalmangel leer gestanden. Jetzt seien lediglich Pflegekräfte von anderen Abteilungen auf die Intensivstation geschickt worden und es habe einige Neuanstellungen mit befristeten Verträgen gegeben: «Nur so konnten diese Einheiten in Betrieb genommen werden.»
Landesweit habe die Regierung im Kampf gegen die Pandemie etwa 4000 Ärzte und Pfleger mit Zweijahresverträgen eingestellt. «Ein Tropfen auf den heissen Stein», kritisiert Sioras. Es würden etwa 30'000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Gesundheitssystem fehlen, 7000 davon bei der Ärzteschaft und 20'000 beim Pflegepersonal.
«Das ist der Bedarf unter normalen Bedingungen», sagt Sioras. «Ganz zu schweigen davon, was passieren würde, wenn sich das Virus flächendeckend ausbrechen würde.» Das ist momentan nicht der Fall.
Ein Anstieg der Coronafälle sei durchaus realistisch, sagt auch Gogos von der Expertenkommission. Vor diesem Problem stehe nicht nur Griechenland, sondern ganz Europa. «Es gibt eine gemeinsame EU-Politik. Die Grenzen gehen auf. Da es keine verpflichtenden Tests vor der Reise gibt, werden wir den Touristenstrom hierzulande beobachten.»
Stichprobenartige Tests
Es stünden ausreichende Tests für Untersuchungen vor Ort zur Verfügung, ergänzt der Infektiologe. «Auf den Inseln wird es Quarantäne-Hotels geben. Die lokalen Gesundheitszentren werden mit dem nötigen Equipment ausgestattet, und die bestätigten Fälle werden von den Inseln schnellstmöglich zur Weiterbehandlung aufs Festland gebracht.»
An den griechischen Flughäfen werden ab sofort die ankommenden Passagiere nur noch stichprobenartig auf das Coronavirus getestet. Das sei eine pragmatische Entscheidung der Regierung gewesen, sagt Gogos. Denn alle Touristinnen und Touristen zu testen, wäre nur schwer umsetzbar. Nun gelte es, das Beste aus der Situation zu machen, ohne den Tourismus auszubremsen.