Was ist auf Sardinien passiert? Vor einem Monat herrschte Freude. Die Insel wurde als einzige Region Italiens als «zona bianca» eingestuft – als weisse Zone fast ohne Coronafälle. Deshalb durften alle wieder öffnen: Bars, Terrassen, Restaurants, Läden. Jetzt geht alles wieder zu, denn nirgendwo sonst in Italien breitet sich das Virus schneller aus. Sardinien ist wieder «zona rossa».
Wieso ist die Situation gekippt? «Diese Frage ist schnell beantwortet», sagt SRF-Italien-Korrespondent Franco Battel. «Die Leute haben zu wenig aufgepasst und gleichzeitig ist erst ein kleiner Teil der sardischen Bevölkerung geimpft.» Als die Insel eine weisse Zone war und die Corona-Massnahmen somit sehr locker waren, waren die Bars und die Restaurants voll.
Diese dritte Welle auf Sardinien dürfte vor allem hausgemacht sein.
«Man sah Leute beim Apéro. Man sah Leute am Meer. Man sah Leute in den Läden. Und viele trugen tatsächlich keine Masken.» So habe sich das Virus auf der Insel innert weniger Wochen wieder rasend schnell verbreitet, so Battel.
Ist der Tourismus mitverantwortlich? Dazu gibt es keine wissenschaftlichen Untersuchungen. Aber derzeit sei keine Hochsaison, so der Korrespondent. Der Reiseverkehr von und nach Sardinien ist derzeit sehr gering. Zudem hat die Insel für alle Neuankömmlinge eine Testpflicht verfügt. «Also man kann sagen, diese dritte Welle auf Sardinien dürfte vor allem hausgemacht sein.»
Was sagen die Sardinnen und Sarden? In den Medien höre man viel Selbstkritik. In Interviews sagten die Befragten laut Battel: «Wir haben das selber vermasselt. Wir waren viel zu sorglos.» Die Leute hätten sich in falscher Sicherheit gewiegt. «Viele dachten, jetzt haben wir so tiefe Zahlen, der R-Wert lag unter 0.5. Dazu haben wir die Impfungen und wir leben auf einer Insel.»
Wegen dieser drei Faktoren habe die Meinung geherrscht, man hätte das Schlimmste überwunden. «Aber dem war nicht so, denn es gibt das Virus weiterhin auf der Insel. Und die Impfkampagne verläuft eher harzig.»
Beeinflusst Sardinien die Gesamtlage im Land? Der Italien-Korrespondent ist überzeugt davon. «Denn der Anstieg der Fallzahlen auf Sardinien bremst all jene, die sagen, wir müssen nun sofort alles oder möglichst viel wieder öffnen.» Etwa die Lega von Matteo Salvini habe das zuweilen gefordert.
Es wird in Italien schon Öffnungen geben, aber die werden vorsichtig sein, die werden schrittweise sein.
Aber jetzt sehe man, dass das nicht funktioniere. «Zumindest auf Sardinien hat das so nicht funktioniert, und das hat man natürlich im ganzen Land wahrgenommen», erklärt Battel. Die Rufe nach einer sofortigen Öffnung seien leiser geworden. «Ich gehe davon aus, dass es in Italien schon weitere Öffnungen geben wird, aber die werden vorsichtig sein, die werden schrittweise sein. Irgendwann Ende April dürften erste Öffnungen erfolgen.» Aber bis Juni würden in Italien viele Einschränkungen bestehen bleiben.