Bei der Verteilung der Corona-Impfstoffe dürften auch die ärmeren Länder nicht vergessen gehen, so der Aufruf der Weltgesundheitsorganisation WHO. Doch in Afrika scheint sich, wie Samuel Burri, SRF-Korrespondent in Nairobi, sagt, die Erkenntnis durchgesetzt zu haben, dass man sich bei der Impfstoffbeschaffung nicht – oder nicht nur – auf den Westen verlassen darf.
SRF News: Wo steht Afrika bei der Beschaffung von Impfdosen?
Samuel Burri: Die afrikanischen Länder haben sich schon im September zu organisieren begonnen. Damals hat der Präsident der Afrikanischen Union eine Impf-Taskforce gegründet – ein Einkaufsteam, das mit verschiedenen Pharmafirmen verhandelt hat. Letzten Donnerstag wurde nun bekannt gegeben, dass sich Afrika 670 Millionen Impfdosen verschiedener Hersteller für dieses und nächstes Jahr gesichert hat. Im April soll mit dem Impfen begonnen werden. Dass der Kontinent sich selbst Impfungen gesichert hat, ist grundsätzlich ein Erfolg, auch wenn es mit dem Impfen nicht sofort losgeht.
Wieso ist das ein Erfolg? Ist das so ein aussergewöhnlicher Schritt?
Ja, denn normalerweise ist man in Afrika bei Gesundheitskrisen stark auf den Westen angewiesen. Beispielsweise bei Ebola: Da hätte die Bekämpfung ohne Fachleute aus dem Westen sicher nicht funktioniert. Oder auch bei der HIV-Prävention und -Behandlung. Das Geld dafür kommt in erster Linie aus dem Westen. Und nun in dieser globalen Covid-Krise hat man offenbar frühzeitig gemerkt, dass man sich nicht auf den Westen verlassen kann und hat gehandelt. Die Afrikanische Union hat das Heft selbst in die Hand genommen.
Die Afrikanische Union sagt, man sei bereit für die Impfaktion. Die WHO hat aber Bedenken. Wie ist Ihre Einschätzung?
Es sind zwei total unterschiedliche Ansätze; ein technokratischer und ein afrikanischer. Die WHO stellt klare Regeln auf, spricht von «Impf-Readiness». Das heisst, alles muss im Voraus koordiniert sein. Infrastruktur, Kühlketten und Personal müssen vorhanden sein und die Geimpften registriert werden.
Der Chef der Gesundheitsbehörde der Afrikanischen Union sagt, es gebe ja in jedem Land einen Kühlschrank und ein Spital, zumindest in der Hauptstadt.
Der Impfstoff muss im Land selbst und von der Afrikanischen Union zugelassen sein. Der Chef der Gesundheitsbehörde der Afrikanischen Union dagegen sagt, eigentlich seien alle Staaten bereit. Es gebe ja in jedem Land einen Kühlschrank und ein Spital, zumindest in der Hauptstadt. Man könne dann von da aus weiter schauen. Das Ideal liegt irgendwo dazwischen.
Reichen die Impfdosen, um ältere Leute und Risikogruppen zu impfen?
Dazu könnten sie durchaus reichen. Wobei: In Afrika will man zuerst die Gesundheitsfachkräfte impfen. Denn die arbeiten unter prekären Bedingungen, es gibt nach wie vor zu wenig Schutzausrüstungen.
Aber diese 670 Millionen Dosen reichen nur für ein Viertel der Bevölkerung. Deshalb ist man in Afrika sicher froh, dass man auch von der internationalen Covac-Impfallianz Impfdosen erhalten wird. Bis Ende dieses Jahres könnte das dabei helfen, ebenfalls rund ein Viertel der Bevölkerung Afrikas zu impfen.
Man hofft im Moment auf die Reste aus dem Westen, beispielsweise aus Kanada, das rund fünfmal mehr Impfdosen bestellt hat, als es Einwohner hat.
Das wäre dann immerhin die Hälfte der Gesamtbevölkerung. Das reicht natürlich immer noch nicht für alle, auch wenn gewisse Länder angefangen haben, selbst Impfungen zu bestellen. Am Ende ist Afrika trotzdem auf Hilfe aus dem Westen angewiesen. Man hofft im Moment auf die Reste aus dem Westen, beispielsweise aus Kanada, das rund fünfmal mehr Impfdosen bestellt hat, als es Einwohner hat. Etwa ab der zweiten Hälfte dieses Jahres könnten überschüssige Dosen aus dem Westen nach Afrika kommen.
Das Gespräch führte Roger Aebli.