Das ist passiert: Am Freitagmittag ist ein Bahnhofvordach im nordserbischen Novi Sad eingestürzt. 14 Menschen wurden dabei verschüttet und starben. Unter den Toten sind zwei Kinder, geboren 2014 und 2018. Dutzende Personen wurden verletzt, drei liegen in kritischem Zustand im Spital.
Demonstranten kritisieren Regierung: Am Sonntag haben in Serbiens Hauptstadt Belgrad Tausende Menschen gegen die Regierung demonstriert. Sie machten eine von der Regierung geduldete Korruption für das Unglück verantwortlich und verlangten den Rücktritt des Bauministers Goran Vesic. Er steht bislang im Fokus, denn er hat kurz nach dem Unglück behauptet, dass das Vordach nicht Teil von Renovierungsarbeiten gewesen sei, die zuvor stattfanden.
Die Sanierung des Bahnhofes: Der Bahnhof in Novi Sad wurde in den vergangenen zwei Jahren zweimal umfassend saniert. Im Juli wurde er unter grossem Pomp eingeweiht. Bei den Arbeiten wurde das Vordach entgegen den Aussagen des Ministers tatsächlich verändert. Auf die bestehende Betonkonstruktion wurde eine Glaskonstruktion gebaut. Nun lautet der Vorwurf, dass damit zu viel Gewicht auf der alten Betonkonstruktion lastete und sie deshalb gebrochen ist. In einem TV-Sender behauptete ein beteiligter Ingenieur, er habe vor den Mängeln gewarnt. Geschehen sei aber nichts. Insgesamt seien 65 Millionen Euro Steuergelder für die Renovierung gesprochen worden. Doch nur ein Bruchteil sei wirklich in die Bauarbeiten investiert worden.
So reagiert die Politik: Medien, die der Opposition nahestehen, verbreiten die Pfuschvorwürfe. In den Regierungsmedien liest oder hört man dazu kein Wort. Stattdessen werfen sie der Opposition vor, die Tragödie zu instrumentalisieren. Bislang hat die Regierung Rücktritte ausgeschlossen. Die Tragweite dieses Unglücks scheint ihr aber bewusst und so hat sie Konsequenzen angekündigt. Zunächst will sie eine Untersuchung abwarten. «Es ist nicht davon auszugehen, dass sie die Hintergründe des Unglücks wirklich aufdecken wird, denn die Institutionen in Serbien arbeiten nicht unabhängig», sagt SRF-Auslandredaktor Janis Fahrländer. Er ist zuständig für die Berichterstattung über die Balkanstaaten.
Marode Infrastruktur: Mängel an der Infrastruktur in Serbien gehören zum Alltag. In Belgrad gibt es immer wieder Probleme im öffentlichen Verkehr: Busse fangen Feuer oder bei Trams fallen während der Fahrt Türen ab. Es gibt auch Städte, in denen das Hahnenwasser nicht trinkbar ist. Ausserdem gibt es Fabriken und Minen, die sich nicht an Umweltstandards halten und mit ihrer Luftverschmutzung den Menschen schaden. Hinter diesen Problemen steckt oftmals Korruption und Vetternwirtschaft. Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen werden befreundete oder protegierte Personen bevorzugt.