Abends im grössten Belgrader Stadtteil Novi Beograd. Grosse Wohnblocks und breite Strassen prägen das Bild. Der Verkehr rollt unablässig. Doch zwischen den Häusern spielen Kinder auf grossen Grünflächen.
Eine Gruppe Freiwilliger hat Stände aufgebaut und verteilt Wahlwerbung. Mit dabei ist auch Dobrica Veselinovic, der in Krawatte und hochgerollten Ärmeln alle anspricht, die vorbeikommen. Er ist der Bürgermeisterkandidat einer gemeinsamen Liste verschiedener Oppositionsparteien des Mitte-Links-Spektrums.
Schwieriger Wahlkampf
Einige Passanten lassen sich auf ein Gespräch ein, doch die meisten nehmen die Flyer wortlos in die Hand und gehen schnell weiter. «Diese Uhrzeit ist schwierig», sagt Dobrica Veselinovic, «die meisten wollen nach einem langen Arbeitstag nur noch nach Hause.»
Trotzdem sind diese kurzen Begegnungen für die Opposition wichtig. Der öffentliche Raum wie auch die Medien sind mehrheitlich von der regierenden Serbischen Fortschrittspartei von Aleksandar Vucic dominiert. Dobrica Veselinovic macht sich keine Illusionen: «Solange Aleksandar Vucic an der Macht ist, wird es in Serbien keine freien Wahlen geben.»
Teilboykott der Opposition
Aus diesem Grund boykottiert ein Teil der Opposition die Wahlen in Belgrad. In ihren Augen ergibt es keinen Sinn, unter diesen Bedingungen anzutreten.
Dobrica Veselinovic bedauert dies und spielt die Sache gleichzeitig herunter. So spricht er nicht von einem Boykott, vielmehr würden einige Parteien einfach nicht antreten. Ausserdem arbeite man mit diesen Parteien im nationalen Parlament weiterhin zusammen.
Bereits im Dezember hatte es in Belgrad Wahlen gegeben. Trotz Wahlbetrug im grossen Stil ist es der Regierungspartei allerdings nicht gelungen, eine Mehrheit zu erlangen. Ein Erfolg für die Opposition, die damals mit einer breiten Liste angetreten ist. Das Auseinanderbrechen der damaligen Koalition wird die Opposition daher mit Sicherheit schwächen.
Dobrica Veselinovic ist dennoch optimistisch. Man sei besser vorbereitet als noch im Dezember. So hätten sie verschiedene Szenarien ausgearbeitet, sollte es erneut zu Betrugsversuchen kommen. Auch sieht er die Lokalwahlen nur als einen ersten Schritt an. Durch Wahlerfolge in verschiedenen Städten und Gemeinden im ganzen Land soll die Basis geschaffen werden, mit der man dann die Macht Vucics auf nationaler Ebene angreifen könne.
Andere sind skeptischer
Milica ist weniger optimistisch. Der Teilboykott schwäche ihre Anliegen, sagt die junge Kandidatin. Viele Menschen seien verwirrt: «Selbst jetzt noch, drei Tage vor der Wahl, fragen mich manche, ob unsere Partei bei den Wahlen antritt.» Doch auch Milica findet es richtig, nicht aufzugeben. Eine Strasse nach der anderen, eine Stadt nach der anderen müssten sie gewinnen. Nur so lasse sich das System Vucic besiegen, sagt sie.