Worum geht es? Rund 1500 Angestellte der US-Regierung leiden seit Jahren unter mysteriösen gesundheitlichen Problemen wie rätselhaften Kopfschmerzen, Hörverlust, Schwindel und Übelkeit. Die Symptome wurden erstmals 2016 bei im kubanischen Havanna lebenden US-Diplomaten und ihren Angehörigen festgestellt, später aber auch an anderen Orten der Welt. Gemunkelt wurde, ob eine Art Angriff dahinterstecken könnte.
Was ist die neue Haltung der US-Regierung? Die US-Geheimdienste gehen Medienberichten zufolge nicht davon aus, dass ein «ausländischer Gegner» für das sogenannte Havanna-Syndrom verantwortlich ist. Dies sei der vorläufige Abschluss jahrelanger nachrichtendienstlicher Untersuchungen, berichtete unter anderem die «Washington Post» am Mittwoch unter Berufung auf Geheimdienstmitarbeiter.
Sieben US-Geheimdienste haben der «Washington Post» zufolge weit mehr als tausend Fälle in knapp 100 Ländern überprüft.
Was könnte die Ursache des Havanna-Syndroms sein? Eine plausible Erklärung für die Fälle gibt es weiterhin nicht. Der CIA-Bericht vermutet als Ursache elektromagnetische Impulsenergie, vor allem im Radiofrequenzbereich. Diese könne die von Geheimdienstmitarbeitern in den letzten Jahren berichteten Symptome erklären. Die Symptome lassen sich zudem nicht einer eindeutigen Krankheit zuordnen.
Welche Rolle spielt die Psyche? «Angst kann bei solch diffusen Syndromen wie dem Havanna-Syndrom eine Rolle spielen. Denn Angst ist eine ansteckende Emotion», erklärt SRF-Wissenschaftsredaktorin Katharina Bochsler. «So kann es sein, dass wir uns gezielt auf mögliche Symptome hin beobachten, wenn Menschen in unserem Umfeld erkranken. Durch den Fokus auf körperliche und psychische Symptome fällt uns dann vieles auf, das wir vorher nicht beachtet haben. Es kommt zu Fehldeutungen, in deren Rahmen harmlose Symptome stärker wahrgenommen werden. Das heisst, die Betroffenen leiden tatsächlich unter Beschwerden, sie ordnen diese aber falschen Ursachen zu.»
Dazu passt, dass solche Symptome erstmals 2016 in Havanna auftraten. Das war kurz nachdem die USA und Kuba nach Jahren gegenseitiger Feindseligkeit wieder diplomatische Beziehungen aufgenommen hatten. Das Misstrauen war noch immer gross und es gab Spekulationen, wonach die kubanische Regierung gezielt Schall einsetzte, eine Art akustische Waffe.
Elektromagnetische Strahlung doch nicht die Ursache? Noch 2020 hatte ein Bericht der Nationalen Akademie der Wissenschaften darauf hingedeutet, dass das Havanna-Syndrom durch elektromagnetische Strahlung ausgelöst worden sein könnte. Die Wissenschaftler waren davon ausgegangen, dass ein Mikrowellen-Instrument oder eine Waffe mit gepulster gerichteter Energie die wahrscheinlichste Ursache sei.
Der neuste Geheimdienstbericht kommt aber mehrheitlich zum Schluss, dass es «sehr unwahrscheinlich» sei, dass Russland oder «ausländische Gegner» involviert sein könnten. Gegen eine feindliche Beteiligung spreche auch die Verblüffung der verdächtigten Widersacher und deren Vermutung, es handle sich um ein US-amerikanisches Komplott. Offenbar sind aber nicht alle Geheimdienste gleich stark von diesen Erklärungen überzeugt.
Was geschieht nun? Ein Expertenteam im Pentagon wird das Havanna-Syndrom und dessen mögliche Ursachen weiter untersuchen.