Fast 20 Jahre musste Cyril Ramaphosa warten: Bereits 1999 war er aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge Nelson Mandelas als Präsident Südafrikas. Doch Thabo Mbeki machte das Rennen und Ramaphosa wandte sich – äusserst erfolgreich – der Geschäftswelt zu. Nun wird sein Traum doch noch wahr, Südafrikas Staatspräsident zu werden.
Im vergangenen Dezember entschied er den Machtkampf in der Regierungspartei African National Congress (ANC) knapp für sich und wurde zum neuen Parteichef gewählt. Die letzte Hürde auf dem Weg ins Präsidentenamt war bloss noch Jacob Zuma, der sich einer Entmachtung durch die eigene Partei während Wochen widersetzte.
Nelson Mandela setzte auf Ramaphosa
Ramaphosas Aufstieg zum mächtigsten Mann Südafrikas hätte den vor fünf Jahren verstorbenen Nelson Mandela sicherlich nicht überrascht. Der Friedensnobelpreisträger nannte Ramaphosa einst den begabtesten Anführer der «neuen Generation». So wurden junge Anti-Apartheid-Aktivisten bezeichnet, die in den 1970er-Jahren die Plätze der inhaftierten Vatergeneration einnahmen.
Ramaphosa wurde 1952 in Soweto geboren. Das berühmte Township im Südwesten Johannesburgs galt als ein Zentrum des Widerstands gegen die Apartheid. Wegen politischer Aktivitäten wurde Ramaphosa als Student 1974 verhaftet. Er verbrachte elf Monate in Einzelhaft. Nach seinem Studium der Rechtswissenschaften gründete Ramaphosa im Jahr 1982 die mächtige Minenarbeitergewerkschaft NUM, die fünf Jahre später mit massiven Streiks an den Grundfesten der weissen Herrschaft rüttelte.
Für umso mehr Irritation sorgte Ramaphosas Rolle während der Minenstreiks im Jahr 2012, als vor der Platinmine von Marikana 34 Bergleute von der Polizei erschossen wurden. Ramaphosa war damals Verwaltungsratsmitglied des Minenbetreibers Lonmin und hatte kurz vor dem Massaker ein hartes Vorgehen gegen die Streikenden gefordert. Später entschuldigte er sich.
Seit 2012 wieder in der Politik
Im selben Jahr kehrte Ramaphosa auf die politische Bühne Südafrikas zurück und wurde zum ANC-Vize hinter Jacob Zuma gewählt. 2014 wurde er Südafrikas Vize-Straatspräsident. In dieser Rolle musste er den von Korruptionsvorwürfen überschütteten Zuma unterstützen, auf der anderen Seite kritisierte er diesen auch – wenn auch nur vorsichtig.
Oppositionsführer Mmusi Maimane von der Partei Democratic Alliance (DA) wirft Ramaphosa deshalb Komplizenschaft vor. Der neue ANC-Chef sei «bestenfalls» ein «stiller Vizepräsident» gewesen, sagte er.
Ramaphosa ist eher ein mächtiger Insider als ein radikaler Reformer.
Auch Ramaphosas Biograf Ray Hartley sieht ihn nicht nur unbelastet: In seinem Buch «The Man Who Would Be King» schreibt Hartley, Ramaphosa habe zwar «keine Verbindung zu den Korruptionsskandalen», die Südafrika in den vergangenen Jahren heimgesucht haben. Er sei aber wohl eher ein «mächtiger Insider als ein radikaler Reformer».
Klar ist: Ramaphosa spielte beim friedlichen Übergang Südafrikas von einem auf Rassenideologie basierenden autoritären Staat zur Demokratie eine entscheidende Rolle. So war er Chefunterhändler des ANC, später führte er die Gruppe an, die die neue Verfassung des Landes ausarbeitete.
Von Korruptionsvorwürfen verschont
Der heute 65-Jährige wirkt bei öffentlichen Auftritten zurückhaltend und entspannt. Der vierfache Vater rückte den Wiederaufbau der Wirtschaft in den Fokus seiner Kampagne für den ANC-Parteivorsitz. Er setzt auf Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Das Erreichen dieser Ziele sei in den vergangenen zehn Jahren «von schlechtem Führungsverhalten und falschen Prioritäten unterwandert» worden, bemängelte er in einer Rede.
Ramaphosas Qualifikation für Wirtschaftsthemen scheint unzweifelhaft. In seiner Auszeit von der Politik schaffte er es als Geschäftsmann zu einem der reichsten Menschen Afrikas aufzusteigen, ohne dabei in grössere Korruptionsskandale verwickelt zu werden.