Die Sicherheitslage in Deutschland hat sich im vergangenen Jahr verschärft, sagt Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang: «Diverse Negativtrends, über die ich an dieser Stelle bereits im Vorjahr berichtete, haben sich bestätigt und fortgesetzt.» Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser hält dazu fest: «Unsere Demokratie ist stark, sie steht aber auch unter erheblichem Druck.»
Propaganda und Desinformation nehmen zu
Die Sicherheitslage bleibe angespannt. Die internationalen Konflikte hätten einen grossen Einfluss auf Deutschland – Spionage und Sabotage im Cyberbereich, russische und auch chinesische Propaganda und Desinformation würden zunehmen. Erst jüngst gab es Cyberanschläge auf politische Parteien. Ganz besonders aber habe auch der Terrorangriff der Hamas auf Israel unmittelbare Auswirkungen auf Deutschland, so Haldenwang: «Die Bedrohung der jüdischen Menschen in Deutschland ist extrem angewachsen. Das ist unerträglich.»
Es ist schlimm, dass wir eine Situation haben, dass jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht mit sichtbaren Zeichen auf ihrer Kleidung durch die Strassen gehen können, ohne bepöbelt und angegriffen zu werden.
Innenministerin Nancy Faeser sprach davon, dass antisemitische Straftaten geradezu explodiert seien: «Es ist schlimm, dass wir eine Situation haben, dass jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht mit sichtbaren Zeichen auf ihrer Kleidung – wie zum Beispiel Sportkleidern von Makkabi-Deutschland – durch die Strassen gehen können, ohne bepöbelt und angegriffen zu werden.» (Anmerkung der Red.: Makkabi sind jüdische Turn- und Sportvereine.)
Gefahr von Einzeltätern steigt
In diesen Bereich fällt auch die Gefahr durch den islamistischen Terrorismus. Hier zeige sich eine Radikalisierungswelle nach den Angriffen der Hamas auf Israel. Sowohl die Hamas als auch andere islamistische Organisationen nutzten die Ereignisse in Nahost aus, um aufzustacheln und neue Anhänger zu gewinnen. Es steige also auch die Gefahr von Einzeltätern, wie jenem, der in Mannheim einen Polizisten getötet und weitere Menschen verletzt hatte.
Die grösste Gefahr für die freiheitliche Demokratie gehe aber nach wie vor vom Rechtsextremismus aus: Von 40'600 Personen ist die Rede, davon 14'500 gewaltorientiert. Die Akteure der sogenannten Neuen Rechten würden sich weiter vernetzen und versuchten weitere Kontakte ins bürgerliche Spektrum zu knüpfen.
Nach wie vor existieren gefestigte Verbindungen zwischen der neuen Rechten und zahlreichen Funktionären und Mandatsträgern der AfD.
Thomas Haldenwang sagt dazu: «Vor solchen Entgrenzungstendenzen warnen wir seit Längerem. Wir merken bereits jetzt, dass sich teilweise der gesellschaftliche Diskurs von der sachlichen Auseinandersetzung zur aggressiven Konfrontation verschiebt. Das gilt in allen Phänomenbereichen. Die wiederholten Angriffe auf Politikerinnen und Politiker in letzter Zeit sind ein Symptom dafür.» Weiter sagt Haldenwang: «Nach wie vor existieren gefestigte Verbindungen zwischen der neuen Rechten und zahlreichen Funktionären und Mandatsträgern des rechtextremistischen Verdachtsfalls Alternative für Deutschland, AfD.»
Diese AfD hat gerade viele Zugewinne in Gemeinden gemacht und sie wird wohl auch bei Landtagswahlen im Herbst erfolgreich sein. Sollte sie auch an die Macht kommen, dürfte das die Arbeit des deutschen Verfassungsschutzes erschweren, so Faeser auf die Frage eines Journalisten.